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Die häufigsten Snowboard-Verletzungen

Unfallchirurg und Actionsportler Dr. Alfred Hochrein erklärt die häufigsten Snowboard-Verletzungen und wie man diese vermeiden kann.

Kolumbiens Formel-1-Legende Juan Pablo Montoya kennt das Risiko, sich beim Sport zu verletzen, nur zu gut. Hinter dem Lenkrad von Williams und McLaren war er stets der Gefahr ausgesetzt, kleine Fehler groß zu bezahlen. Doch sieht er die Gefahr auch beim Wintersport: „Rennfahren ist wie Snowboarden“, sagt er. „Solange alles glatt geht, ist es super. Wenn allerdings mal etwas schief geht, wird es schnell extrem schlimm.“

Ganz so bestialisch, wie Montoya Snowboarden darstellt, ist der Sport nicht. Ein gewisses Risiko und manche Verletzungen gehören allerdings ohne Zweifel dazu. Nicht umsonst wird das Freeride- und Freestyle-Snowboarden in die Kategorie Action Sport eingeordnet – und selbst eine normale Pistenabfahrt sollte man nicht unterschätzen. Fakt ist, Snowboard-Verletzungen sind für viele von uns genauso unumgänglich wie abgerissene Bindungsschrauben und Käsefüße.

Knochenbrüche können heilen, aber die Liebe zum Sport nicht!

Doch welche Verletzungen passieren am häufigsten und wie kann man diese vorbeugen? Dr. Alfred Hochrein meint, „Knochenbrüche können heilen, aber die Liebe zum Sport nicht!“ Als ausgezeichneter Unfallchirurg und Orthopäde im OCM München und selbst leidenschaftlicher Actionsportler kennt er beide Seiten und ist deshalb der perfekte Facharzt, um uns Fragen zum Thema Verletzungen und Präventionsmaßnahmen beim Snowboarden zu beantworten.

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Alfred Hochrein in Action.

Interview

Snowboarder MBM: Was sind die häufigsten Verletzungen beim Snowboarden?

Dr. Alfred Hochrein: Verstauchungen und Prellungen sind typische Verletzungen beim Snowboarden. Es kommt aber darauf an, welches Level der Snowboarder an den Tag legt. Bei Anfängern und ungeübten Snowboardern stehen Handgelenksverletzungen und -brüche im Vordergrund, da man sich bei einem Sturz auf diesen abstützt. Sobald der Impact steigt – größer, höher, schneller – kommen Verletzungen der großen Gelenke hinzu. Schultereckgelenk-Sprengungen, Schlüsselbeinfrakturen oder Ellbogenfrakturen, Rotatorenmanschettenverletzungen oder Schulterluxationen sind typische Verletzungen beim Kicker springen oder beim Freeriden. Häufige Verletzungen erleiden Snowboarder auch am Knie. Hierzu zählen Band-, Meniskus und Knorpelverletzungen, die eher indirekt durch Verdrehungen entstehen.

MBM-Rider Sarah Hardt bei einem Sturz in der Halfpipe. Foto: Eli-media

Es gibt sogar eine Verletzung, die im Fachjargon als „Snowboarder’s Ankle“ bezeichnet wird. Das ist ein eher selten diagnostizierter, spezieller Knochenbruch des Sprungbeins. Beim Snowboarden entsteht die Verletzung typischerweise bei einer Landung nach einem Sprung auf unebener Fläche. Da Anfänger meist noch nicht mit dem Board springen, ist die Fraktur eher eine Verletzung des fortgeschritteneren Snowboarders.

Danke, das reicht! Ist das Verletzungsrisiko wirklich so hoch?

Früher dachte ich, Snowboarden wäre sicherer als Skifahren, weil man in der Bindung fest fixiert ist. Genau das kann aber auch zum Problem werden. Ist der Körper rotationsfixiert, kann der Unterschenkel nicht ausweichen. Kippt man bei einer schlechten Landung nach hinten um, kann das beim Knie schnell zu einer Kreuzband-, Meniskus- oder Innenbandverletzung führen.

Wie kann man sich vor Verletzungen beim Snowboarden schützen?

Als erstes sollte man sich selbst nicht überschätzen und nichts übertreiben. Klar ist Progression vor allem im Actionsport superwichtig, aber man sollte gezielt auf seinen Körper achten und sein Können richtig einschätzen. Wer ständig verletzt ist, kann sich nur sehr langsam weiterentwickeln. Deshalb: Tastet euch Stück für Stück an große Kicker heran, anstatt gleich drüber zu ballern! Achtet außerdem auf die Verhältnisse und Witterungseinflüsse und checkt jedes mal, wie der Schnee auf der Piste oder bei der Landung ist. Ein allgemeiner Materialcheck vor jedem Tag am Berg ist natürlich auch unumgänglich. Die richtigen Boots und die richtige Länge des Bretts spielen hier auch eine große Rolle.

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Dr. Hochrein bei der Arbeit.

Wie kann das Equipment einen vor Verletzungen schützen?

Jeder Mensch hat eine individuelle Anatomie – unterschiedliche Beinlängen, unterschiedliche Längen-Relationen von Oberschenkel zu Unterschenkel, sogar individuelle Rotationen im Unter- und Oberschenkel. Es ist somit extrem wichtig, auf den eigenen Körper abgestimmtes Equipment zu besitzen. Wer sich wohl auf dem Brett fühlt, hat auch Spaß damit und setzt sich dadurch einem geringeren Risiko aus. Mittlerweile sind Snowboardbindungen so gebaut, dass man sie super-präzise einstellen kann und das sollte man nutzen.

Sollte man sich vorm Snowboarden aufwärmen und stretchen, um Verletzungen vorzubeugen?

Das ist ein schwieriges und umstrittenes Thema. Ich habe mich vor einiger Zeit intensiver wegen eines anderen Projektes im Bereich Skateboarding damit auseinandergesetzt und es gibt nach wie vor keine guten und vor allem eindeutige Studien, ob es die Verletzungsgefahr verringert oder eben die Leistung verbessert. Es gibt sogar Studien-Hinweise, dass Stretching die Muskulatur zu sehr auflockert, die Schnellkraft schwächt, dadurch die Leistungsfähigkeit sogar eher verschlechtern kann und die Verletzungsgefahr womöglich erhöht.

Je mehr Muskulatur und je mehr Balance man hat, desto weniger setzt man sich einer Unfallgefahr aus.

Wie sieht es mit der generellen Vorbereitung aus?

Es ist definitiv gefährlich, komplett untrainiert in die Saison zu starten. Man sollte den Sommer über sportlich aktiv bleiben und nicht im Winter von 0 auf 100 gehen. In der Pre-Season sollte man sich etwas eingrooven und einen Level- und Fitnesscheck an sich selbst durchführen. Je mehr Muskulatur und je mehr Balance man hat, desto weniger setzt man sich einer Unfallgefahr aus.

Welche Sommersportarten würdest du unserer MBM-Community verschreiben?

Sportarten, die die Balance trainieren oder ähnliche Bewegungsabläufe erfordern – hier ergänzen sich am besten Surfen und Skateboarden. Noch wichtiger ist es, ein Ausgleichsport zu machen, damit man sich nicht nur auf die ähnlichen Muskelgruppen fokussiert. Während man beim Snowboarden, Surfen und Skaten überwiegend die Beinmuskulatur in Anspruch nimmt und weniger die Arme oder generell den Oberkörper, wäre beispielsweise Klettern oder Bouldern ein super Pendant dazu. Auch Schwimmen ist sehr zu empfehlen.

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Dr. Hochrein: „Als erstes sollte man sich selbst nicht überschätzen und nichts übertreiben.“ Ein Airbag kann dabei helfen.

Viele Snowboarder fahren Mountainbike im Sommer. Passt das gut als Präventionsmaßnahme?

Ja, auf jeden Fall! Mountainbiken ist ein großartiger Sport, der viele Muskelgruppen trainiert, aber eben auch die Ausdauer. Davon kann jeder Snowboarder nur profitieren. Auch als mentales Training ist Mountainbiken der perfekte Sommersport-Begleiter für den Snowboarder und anders herum.

Mentales Training?

Man erlebt auf dem Snowboard und Mountainbike ähnliche Situationen. Ein steiler Hang gleicht einer steilen Abfahrt. Ein Kicker aus Schnee einem aus Erde. Das gilt auch für andere Action-Sportarten. Aber ein Adrenalinjunkie im Winter bleibt ein Adrenalinjunkie im Sommer und deshalb ergänzen sich die beiden Sportarten schon ziemlich gut.

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Du bist selbst aktiver Actionsportler und gleichzeitig Arzt. Bist du vorsichtiger, weil du weißt, was passieren kann?

Das ist eine super-schwierige Frage (lacht)! Sobald ich an einen Spot komme, heißt es: „Ey, jetzt ist der Arzt da, jetzt kann nichts mehr passieren!“ Den Spruch hab ich schon so oft gehört und denk mir nur: „Ne!“ Aber mal im Ernst: Es ist schon so, dass einen das Wissen etwas ausbremsen kann. Die Vorsicht fährt auf alle Fälle mit. Auch, weil ich Verantwortung für meine Familie habe. Mein Job wirkt sich aber nicht negativ auf die Risikobereitschaft aus – wie auch immer man mir das auslegen mag. Ich würde sagen, das gleicht sich aus, denn Knochenbrüche können heilen, aber die Liebe zum Sport nicht!

Ein Erste-Hilfe-Kurs hat noch niemandem geschadet.

Welche Erste-Hilfe-Maßnahmen kann man an Ort und Stelle einleiten?

Fällt jemand, appelliere ich an alle Snowboarder, geht hin, fahrt hin und fragt nach, ob alles ok ist. Man hat am Berg, auch als Arzt, begrenzte Therapiemöglichkeiten. Daher finde ich es wichtig, schnell eine Entscheidung zu treffen, ob jemand Hilfe durch die Bergrettung benötigt oder nicht. Es hilft ungemein, sich für solche Situationen einen kleinen Algorithmus im Kopf zurecht zu legen: Den Verletzten ansprechen, wenn er nicht reagiert, sofort Hilfe holen, die Unfallstelle sichern, zur Not auch mit einer Reanimation beginnen. Wenn er reagiert, unbedingt checken, dass nicht gleich der nächste auf ihn drauf springt. Im Anschluss vorsichtig Arme und Beine bewegen lassen – geht das gar nicht, schnell Hilfe holen. Sollte die Bewegung zunächst mal problemlos klappen, kann man schauen, dass man sich gemeinsam aus der „Impact Zone“ begibt und dann entspannt checkt, was vielleicht doch schmerzt. Auch hat ein Erste-Hilfe-Kurs noch niemandem geschadet. Das kann man auch im Rahmen eines Lawinen-Kurses machen.

Viele Snowboarder neigen dazu, nach einem Sturz erstmal nicht zum Arzt zu gehen. Ab wann sollte man unbedingt zum Arzt gehen?

Meiner Erfahrung nach haben die meisten Boardsportler aufgrund einer gewissen Sturzerfahrung ein gutes Körpergefühl. Das heißt, sie können meistens gut einschätzen, ob was nicht stimmt. Niemand muss wegen jedem Zipperlein gleich zum Doktor, aber Schmerzen, die einem nicht geheuer sind, sollte man ärztlich kontrollieren lassen. Je früher man eine Verletzung oder einen Bruch erkennt, desto schneller kann man medizinische Maßnahmen ergreifen und desto schneller kann man zurück auf den Berg und seiner Leidenschaft nachgehen.

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