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Travel Storys

Bulgarien

Unser Routenplaner berechnete die Fahrt von München nach Sofia mit 18 Stunden, was schon lang ist, aber definitiv unserem Kredo „Der Weg ist das Ziel“ entsprach. Als sich die Meldungen über Rekordschneefälle in Bulgarien überschlugen, stiegen Jockie Köffler, Danny Larsen und Kalle Ohlsen zusammen mit Kameramann Clement und mir als Fotografen kurz entschlossen ins Auto Richtung Osten.

Was das schlaue Navigationssystem bei der Routenplanung nicht mit einberechnet hatte, war die Tatsache, dass unser Weg durch das nicht zur EU gehörende Serbien führte. Natürlich hatte ich nur meinen Personalausweis dabei, woraufhin uns die Durch reise verweigert wurde. Doch mit einem vermeintlich kurzen Umweg über Rumänien schien das Problem gelöst. Doch die Fahrt geriet zur Odyssee. Teilweise kamen wir nur im Schritttempo voran, da die holprige Strasse mehr Schlagloch als Fahrbahnbelag war und ein zügiges Reisen unmöglich machte. Unzählige Lkw bahnten sich auf den feldwegähnlichen Strassen ebenfalls ihren Weg zwischen knietiefen Schlaglöchern und Eselskarren gen Bulgarien. Hatten die etwa auch alle ihre Reisepässe vergessen? Der Rat eines bulgarischen Freundes vor unserer Abreise lautete: „Schaltet bloss nie in den zweiten Gang runter, sonst klauen euch Gipsys die Reifen während der Fahrt!“ Glücklicherweise blieben wir davon verschont und konnten auf allen Vieren weiter Richtung Sofia rollen. Mit fast einen Tag Verspätung erreichten wir also die Hauptstadt. Auf den folgenden Seiten erwartet euch eine Bildergeschichte über den Aufent halt der drei Pirates in Bulgarien für ihr Filmprojekt „Boardbagged“, das exklusiv der MBM-Januarausgabe beiliegt.

DANNY NOSEPICK
Nur einen Steinwurf von unserem Hostel in Sofia entfernt ragte dieses riesige Obstacle aus einer nur Fragezeichen in unseren Gesichtern erkennen, uns also verborgen. Ein Ehrenmal für die am Rail Gefallenen? Unser Interesse an dem phallusartigen Bau war eh anderer Natur. Zwei herumliegende Bretter machten den Auftakt und dienten als In-Run vom Fuss des Obelisken die Stiegen hinunter, bevor es nach einer kurzen Flat-Passage über die Mauer gut drei Meter nach unten auf ein weiteres Stufen-Set ging, das als Landung diente. Der Shot verkörpert perfekt das Bild von Sofia, wie wir es kennengelernt haben, einzig der blaue Himmel trügt über das triste Grau hinweg, in dem sich uns die Hauptstadt sonst präsentierte. Danny hatte bei diesem Nose Bonk das einmalige Glück, einen Hauch von blauem Himmel zu erwischen. Die Stadt liegt zwischen den Gipfeln der Karpaten im Nordwesten des Landes. Durch diese Lage der auch als „Grünen Stadt“ bezeichneten 1,5-Millionen-Metropole bleibt es in den Wintermonaten durch Nebel und Smog zumeist grau.

KALLE, BS LIPSLIDE
Nach knapp 30-stündiger Anreise und einer zu knappen Mütze voll Schlaf brachen wir zu unserer ersten Jib-Mission auf. Auf dem Programm stand ein Handrail, das bei unserer Ankunft am Treppen-Set leider nicht mehr existierte. Vermutlich hatten Gipsys das metallene Geländer unter Einsatz von massiver Gewalt aus dem Beton gerissen und zum Recyclinghof verbracht. Seit die Ärmsten der Armen durch die gestiegenen Metallpreise einige Cent extra hinzuverdienen können, sind also nicht einmal mehr im Beton fest eingelassene Treppengeländer sicher. Nach unserem missglückten ersten Ausflug landeten wir auf einem Spielplatz direkt vor der Haustür unseres Hostels. Wie heisst es doch so schön: Nur wer sich ein Stück Kindheit bewahrt, bleibt ein echter Mensch. Getreu diesem Motto vergnügten wir uns zwischen Schaukel und Ringen, bis uns mit Einbruch der Dunkelheit der zapfige Ostwind den Spass am Spielen davonfegte. Doch zuvor liess Kalle keine Zweifel aufkommen, dass er als Jüngster der Crew mit all diesen bunten Freiluftturngeräten noch am meisten vertraut war. Hier der Beweis: Bs Lipslide Revert am Kletterwürfel.

JOCKIE, FS WALLRIDE
Dieses „Kunstwerk“ war auf einem Grünstreifen zwischen zwei im Dauerstau versinkenden Strassen zu Hause. Niko, unser bulgarischer Freund und Helfer, organisierte eine Winch (Seilwinde) für diesen Tag, weil auf demselben flachen Grünstreifen noch drei weitere dubiose Kunstwerke auf uns warteten. Den in der Blech – lawine gefangenen Autofahrern blieb nichts anderes übrig, als uns zuzuschauen und uns für bekloppte Volldeppen zu halten. Der Grund: Die Winchbeschleunigte Jockie, Danny und Kalle auf knapp 50 Sachen, bevor sie das Seil losliessen und über den Kicker direkt auf die Mauer zurauschten… Allein die Tatsache, dass wir per Seilwinde durch die Stadt fetzten, brachte die Fahrzeuglenker zum Stutzen. Aber so richtig zu stutzen begannen sie, als einer nach dem anderen im wahrsten Sinne des Wortes in die Wand

Foto links
Eine alte Gipsy-Frau auf der Suche nach brauchbaren Utensilien im Müll. Wie weit die Schere zwischen Arm und Reich auseinander klafft, wird einem wie in vielen weiteren Ostmetropolen an fast jeder Ecke bewusst: Während die alte Frau in der Tonne stöberte, fuhren zig Limousinen deutscher Hersteller an ihr vorbei.

Foto Mitte
Unser Cat-Ride auf den Berg in Seven Lakes. Diesen Sommer begannen die Arbeiten für ein offizielles Skigebiet auf diesem Berg. Schade. Das urige Hotel mit seinem Lift und der totalen Ruhe wird in naher Zukunft der Vergangenheit angehören.

Foto rechts
Dieses Foto scheint hier etwas deplatziert, hat aber seine volle Berechtigung in dieser Geschichte. Denn der Herr auf dem Foto ist niemand Geringerer als „God-father“ himself. Er wird in der bulgarischen Snowboard-Szene so genannt, weil er einer der beiden erste Snowboarder Bulgariens war. Und wer zu Zeiten des Mauerfalls in Bulgarien schon quer auf einem Brett stehend die Hänge runterfetzte, war auch der westeuropäischen Snowboard-Bewegung weit voraus. Auch wenn „Godfather“ heute als Immobilienmakler in Sofia arbeitet, ist er seiner Religion Snowboarden treuge blieben und verbringt jede freie Minute mit der familiären bulgarischen Snowboard-Gemeinde in den Bergen. Ich verbeuge mich!

DANNY, BS SHIFTY
Der ursprüngliche Impuls für unseren kurz entschlossenen Trip nach Bulgarien waren die verlockenden Meldungen über metertiefen Powder in Sofia und den umliegenden Bergen. Doch wie sollte es anders sein: Bei unserer Ankunft fanden wir ausschliesslich bockharten Altschnee vor. Wer ein echter Wikinger ist, lässt sich von solch äusseren Umständen das Ruder nicht aus der Hand reissen. Kalle und Danny zerhackten unter halb des Baums den gefrorenen Schnee als Landung und stellten ein Ollie-Pad oben auf die Stufen. Dieser Fs Shifty to Restaurant-Eingang war der Abschluss der Session. Danny schnallte direkt an der Türschwelle des gegenüberliegenden Restaurants ab, von welchem sich die Hälfte der Crew an – schliessend direkt mal eine Lebensmittelvergiftung mit nach Hau se nahm. Dass das vorangegangene Tohuwabohu vor der Tür des Lokals Auslöser für „Küchenpersonals Rache“ mit tagelangen Magenkrämpfen und nicht endenden Klositzungen war, möchte ich vielleicht nicht unterstellen…

KALLE, FS 50-50
Unser Aufenthalt in Sofia war nach der Magen-Darm-Attacke äusserst unproduktiv verlaufen. Wir mussten die Stadt verlassen, hatten aber zu wenig Fotos und Filmmaterial zusammen. Es gab nur noch eine Chance, dort was zu produzieren, nämlich morgens vor unserer Abreise Richtung Berge. Pünktlich um neun Uhr mussten wir Sofia verlassen, weil ein privater Pistenbully mittags auf uns zum Transport auf eine Berghütte wartete. Zu Deutsch: Wir mussten diese Ledge gegen sieben Uhr bei klirren der Kälte in Angriff nehmen, um unser Taxi auf den Berg nicht zu verpassen. An der Ledge angekommen war es so kalt, dass nicht mal mehr die Kameraausrüstung funktionierte. Die aufgebauten Blitze machten die Grätsche und so musste ich mich mit dem geringen Morgenlicht begnügen. Während ich noch mit der Ausrüstung kämpfte, reichte ein kurzer Blick rüber zu Kalle, um meine Probleme zu vergessen! Manchmal ist es eben trotz aller widrigen Umstände nicht verkehrt, Fotograf zu sein… Zwei Versuche brauchte Kalle, dann war die Ledge bezwungen und der Wahnsinn endlich vorüber. Es war an der Zeit, dem grauen Himmel von Sofia den Rücken zuzukehren und gen Berge aufzubrechen.

DANNY, MICHALCHUK
Seven Lakes hiess unser Reiseziel gut anderthalb Autostunden von der Hauptstadt entfernt. Das Terrain, welches unser Zuhause für die nächsten Tage sein sollte, bestand aus einem Berg, auf dem ein grosses Haus thronte. Auf einer Seite vom Haus lag ein zugefrorener See, auf der anderen erhob sich ein steiles Face zum Gipfel, auf das ein privater Lift führte. Hinauf kam man nur als Tourengänger oder eben wie wir per hauseigener Schneeraupe. Ein kompletter Berg mit Lift und Skidoos nur für uns – wie ambrosisch ist das denn?! Einziger Haken: Es hatte eine Eisschicht unter dem frischen Powder, wo durch die steilen Faces ober halb des Hauses flachfielen. Unterhalb des Hotels ging es direkt in den Wald, der für die nächsten drei Tage unser Playground werden sollte. Danny war so motiviert, endlich wieder in richtigem Schnee heizen zu können, dass er sich aus dem Minishred am Pistenbully-Zieher wie aus einer grossen Hip in die Luft katapultierte. Fetter Michalchuk Melon am Rande.

KALLE, BACK HEADBONK
Bevor wir schon langsam zum Ende unserer Bulgarienreise kommen, müssen wir doch noch mal kurz zurück nach Sofia kommen. Auf dem Grünstreifen von Jockies Wallride auf Seite 112 hatten wir an einem Tag vier Spots vorbereitet, um sie tags darauf zu shooten. Jeder Einzelne von ihnen war echt unique und dementsprechend hoch waren unsere Erwartungen. Nachdem der Wallride mehr oder weniger in die Hose ging, stand dieses Metallgebilde auf dem Programm. Wir brachten die Winch in Position und nach einigen Speed Checks poppten sich Jockie und Danny mit Bs Airs und 180’s aus der sketchy Transition. Kalle war das zu langweilig, er entschied sich für die Backflip-Variante. Ich war auf sein Vorhaben nicht gefasst und konzentrierte mich auf einen Single Shot – schade, denn Kalle machte das Unmögliche möglich, schon vor dem Takeoff zu flippen. Den zweiten Teil, nämlich den Headbonk, gibt’s hier. So schmerzhaft der Headbanger auch aussieht, Kalle konnte nach seiner Bruchlandung noch lachen. Dieser Bail war der Auftakt für zwei weitere Pleiten auf dem Grünstreifen. Frustriert packten wir abends die Winch ein und machten uns auf den Weg. Aber wir wollen uns nicht beklagen – hey, in anderen Ländern herrscht Krieg!

DANNY, MELON TO FAKIE
Dieses Foto entstand an meinem letzten Tag in Seven Lakes. Aus gerechnet an meinem 20sten Geburtstag musste ich die Zelte abbrechen und vorzeitig nach Hause fliegen, „Küchenpersonals Rache“ sei Dank… Danny machte mir mit diesem satten Air to Fakie ein schönes Abschieds- und Geburtstagsge schenk zugleich.

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