Hobby und Beruf unter einen Hut zu bekommen ist immer wieder schwierig. Und glaubt mir: Die Tatsache, dass wir beim MBM unser Hobby zum Beruf gemacht haben, erleichtert uns den Spagat zwischen Arbeit und Spass nicht wirklich.
Es ist Freitagnachmittag und unser Resort Special sollte eigentlich schon seit zwei Stunden in der Druckerei vorliegen. Der traurige Teil der Redaktion bleibt im Büro zurück, um dem Heft den letzten Feinschliff zu verpassen. Der glückliche Teil packt die Boardbags in den Redaktions-Van und macht sich auf nach Hintertux zum Hotzone.tv Park Opening. Die letzten Wochen waren hart, weshalb die Ansage aus der Chefredaktion „Hände Schütteln, Shredden, Feiern, Entspannen“ sehr gelegen kommt.
Dem Wochenend-/Feiertagsverkehr sei dank erreichen wir gut 170 Kilometer und drei Stunden später die kleine Tenne in Tux, wo wir mit einem zünftigen Abendessen empfangen werden. Wir treffen viele bekannte Gesichter, werden vom Hotzone.tv-Team und den Vertretern der Bergbahnen begrüsst und über alle Abläufe des Wochenendes informiert.
Nach dem Abendessen checken wir im Hotel ein. Der „Testerhof“ ist eigentlich ein 4* Familienhotel mit Bällchenbecken und Abenteuerspielplatz. Dieses Wochenende sind die Zimmer und Gänge aber nicht von betuchten, jungen Eltern, sondern so gut wie ausschliesslich von Snowboardern bevölkert. Als wir den Besitzer des Hotels nach einem Taxi zur Warm Up-Party fragen, erklärt dieser sich kurzerhand bereit, uns selbst zu fahren. So sieht ein guter Service aus!
Die Warm Up-Party ist sehr entspannt. Der grosse Besucher-Ansturm bleibt aus, das ist aber auch nicht schlimm. Wir bestellen uns ein paar Drinks, treffen den einen oder anderen Bekannten, machen es uns auf der Empore der Tenne bequem und beobachten das Geschehen auf dem Dancefloor von oben. Nach ein paar Bier werden wir von der Müdigkeit übermannt. Das Bett ruft und wir treten den 20-minütigen Fussmarsch in Richtung Hotel an.
Am nächsten Morgen erleben wir eine böse Überraschung. Einer unserer Mitarbeiter hat doch tatsächlich seine Boots daheim liegen lassen. Willkommen beim Monster Hobby Magazin… Teils in Softboots, teils in Sneakern treten wir die Fahrt zum Gletscher an. Kurz vor der Mittelstation bietet sich uns ein erschreckender Anblick. Der Gletscher, der noch im letzten Herbst von ausgiebigen Neuschneefällen profitierte, zeigt sich uns in einem hässlichen Braun-Grau. Die Pisten bestehen überwiegend aus blankem Eis.
An der 2. Mittelstation angekommen suchen wir die verschiedenen Teststände nach einem passenden Paar Stiefeln ab. Wir werden schnell fündig (Dankeschön an die K2-Jungs) und können die letzte Gondelbahn in Richtung Bergstation nehmen.
Schon bei den ersten Turns werden wir skeptisch. Wer keine guten Kanten hat, hat hier kaum eine Chance. Wenn Kurven nicht Funktionieren, gibt es nur eine Möglichkeit: Straightlines! Wir flitzen mit einem Affenzahn zum nächsten Schlepplift, der uns zum Park bringen wird.
Das bunte Treiben ist bereits voll im Gange. Mehrere Hundert Shredder kosten die erste Airtime und schmeissen sich über das reichhaltige Rail-Angebot. Die Bedingungen im Park sind erstaunlich gut. Es scheint so, als hätte man sämtliche bewegbaren Schneereste auf dem Gletscher zusammengekratzt und für die Obstacles verbaut. An dieser Stelle ein Riesen-Lob an die Shape-Crew!
Die „Session Of The Dudes“ steht auf dem Programm. Neben einigen Snowboard-Grössen sind zahlreiche junge Fahrer unterwegs, von denen der eine oder andere mit Sicherheit einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Bei der entspannten Jam-Session pushen sich die Rider gegenseitig in die neue Saison. Vor allem Benny Mösl kann überzeugen und sichert sich mit einem Backside Rodeo Double Grab Stiffy am Kicker den Best Trick-Titel. Auch Alex Walch zeigt, was er kann, und verdient sich mit massenhaft 9ern und 10ern den Titel des „Best Overall Riders“. Aber nicht nur an den Kickern, sondern auch in der Pipe ist eine ordentliche Action geboten. Gigi Rüf ist Smooth unterwegs und zeigt, dass Style doch nicht wichtiger als Spin ist: Ein verdienter Sieg in den Kategorie „Best Pipe Run“.
Gegen Mittag verlassen die Jib-Begeisterten den Park und begeben sich zur Mittelstation. Die Shape-Crew hat eigens für das Opening ein Box-Obstacle aufgebaut, das sich gewaschen hat: 4 Meter Flat- to Gap to 8 Meter Downbox stehen bereit. Das Format ist simpel: Der Speaker ruft einen Trick aus und der Rider, der den Trick als erstes steht, bekommt Cash auf die Kralle. Was mit 270s off beginnt, schraubt sich immer weiter nach oben und endet in einem Frontside 180 Switch 50/50 Switch Backside 180 50/50 Frontside 180 off, gestanden von Fabian Wolfsgruber.
Die warme Herbstsonne erlaubt uns zwar, uns auf gut 3000 Metern Höhe im T-Shirt zu bewegen, sorgt allerdings auch dafür, dass sich das Gletschereis langsam aber sicher in bremsenden Schneematsch verwandelt. Wir treten den geordneten Rückzug in Hotel an. An der Talstation werfen wir noch einen kurzen Blick auf den eigens für das Opening errichteten Bagjump, an dem man sich von einer Hebebühne aus über 10 Metern Höhe auf ein überdimensionales Luftkissen fallen lassen kann.
Nach einem kleinen Mittagsschlaf und einem leckeren Abendessen nisten wir uns im K2-Appartement ein. Es entsteht eine gemütliche Runde, in der verschiedene Spiele gespielt werden, bei denen man geschlagen wird, wenn man etwas falsch macht. Gegen später machen es wir es uns vor der Glotze bequem und gucken Gottschalk beim Models begrabschen und Minister Duzen zu. Die Ruhe wird gestört, als einer der K2-Dudes mit einer durchgeladenen Softair aufkreuzt. Nach einigen schmerzhaften flüchten wir zum Shuttle-Bus, der uns direkt zur Party in die Tenne an der Talstation bringt.
Das Shuttle ist gnadenlos überfüllt und wir finden nur noch ein paar Stehplätze im hinteren Teil des Busses. Fernab von der Kontrolle des Busfahrers wird gelacht, gelallt, gepöbelt, getrunken und geraucht – reisen mal anders. Als wir an der Tenne aussteigen hängt sich der gestresste Busfahrer aus dem Fenster und stöhnt laut „Brutal“ in Richtung der Türsteher.
Wir haben Glück, betreten die Tenne praktisch als erste und sichern uns einen bequemen Platz an der Bar. Wo normalerweise Lumumba und Dj Ötzi konsumiert werden, gibt es heute Beats von diversen DJs, die das „DJ“ in ihrem Namen auch wirklich verdient haben. Die Tenne füllt sich und schon bald ist die Tanzfläche von einer partyhungrigen Menschenmenge besetzt.
Nach der Siegerehrung der „Session Of The Dudes“ flimmert der neue Hotzone.tv Teammovie „Dudeication“ über die zahlreichen Flatscreens der Bar. Die Teamrider sind fast alle vor Ort, werfen etwas free Stuff in die Menge und lassen sich feiern.
Später stürmen die MCs Demograffics, Simple und YT die , um dem Publikum kräftig einzuheizen. Später erfahren wir, dass an diesem Abend über 1000 Leute den Weg in die Tenne gefunden haben. Wer schon einmal dort war, kann sich vorstellen dass der Laden fast aus allen Nähten geplatzt ist. Gegen 2.00 Uhr hat auch der letzte MBM-Mitarbeiter mehr als die Schnauze voll und fährt ins Hotel zurück. Berichten zufolge wurde in der Tenne bis kurz vor Sonnenuntergang weiter gefeiert.
Am nächsten Morgen werden wir von der Sonne wach geküsst, packen unsere Sachen, checken aus und fahren auf den Gletscher. In der Gondel nach oben snaken sich zwei andere Snowboarder zu uns. Es sind Marco Feichtner und Gigi Rüf. Die beiden sind gut aufgelegt und haben das gleiche Ziel wie wir: Die Halfpipe. Erst unmittelbar vor dem Opening fertig gestellt, war die Pipe in einem Zustand, in dem man sie anderswo nicht einmal im tiefsten Winter vorfindet. Es ist schon deprimierend zu sehen, dass die Östereichter schon Anfang Oktober eine perfekte Pipe vorfinden, während man in Deutschland – egal zu welcher Jahreszeit – vergeblich nach diesem Obstacle sucht. Olympia, wir kommen!
Es entwickelt sich eine entspannte Session, in der vom 5-jährigen Nachwuchsrider bis zum weltbekannten Pro jeder in die Pipe droppt und voll auf seine kosten kommt. Natürlich wird auch an den Kickern und den Rails einiges geboten. Hier noch mal ein grosses Kompliment an die Shaper für einen Park, der dem grossen Andrang Stand gehalten hat, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Alle Obstacles sind in einwandfreiem Zustand und das ganze Wochenende über befahrbar.
Als der Schnee wieder sulzig wird genehmigen wir uns ein verspätetes Mittagessen an der Mittelstation. In Anbetracht der Tatsache, dass der Berg zwar noch voll, der Andrang an der Gondel in Richtung Tal aber auch schon sehr hoch ist, entschliessen wir uns, den Heimweg anzutreten, um dem sonntagabendlichen Zillertaler Verkehrschaos zu entgehen.
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