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Interview: Reto Lamm

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Die Lage der World Snowboard Tour ist zur Zeit alles andere als einfach: Mit der Air + Style Serie und den X Games hat der Gegenentwurf zur Wettkampfstruktur der FIS einige seiner wichtigsten Contests verloren. Die Gerüchteküche brodelt, es wird viel spekuliert und der gesamte Sachverhalt ist so kompliziert, dass nur die wenigsten den Überblick behalten können. Einer von ihnen ist TTR-Präsident Reto Lamm, der uns im Interview erklärt warum das kompetitive Snowboarden vor einer der größten Herausforderungen in seiner Geschichte steht und welche Rolle die TTR dabei einnimmt.

Reto, zur Zeit gibt es von eurer Seite nicht sonderlich viel Positives zu berichten. Hat die TTR ihre weitreichenden Beschlüsse aus dem Frühjahr zu früh umgesetzt?

Was heisst nichts Positives? Wir alle machen unseren Job sehr gut und engagiert. Es ist vielmehr so, dass die TTR die derzeitige Situation des Snowboardens widerspiegelt. Wir sind lediglich ein Netzwerk, welches darstellt, was am Markt passiert. Die Grundidee hinter den Beschlüssen der GA war es, den Markt zu defragmentieren und genau das zu verhindern, was immer wieder passiert ist. Es scheint, als wolle sich das Snowboarden stets aufs Neue zerteilen, jeder will für sich alleine stehen. Wir haben versucht dagegenzuhalten, indem wir eine Community bilden, die stark auf Solidarität basiert. Bei der GA haben alle Parteien den Plänen zugestimmt, es gab ein Einverständnis unter allen Beteiligten, aber in Detailgesprächen mit den Events kamen Unstimmigkeiten auf. Das kommerzielle Konzept wurde so zu einer größeren Hürde als zunächst angenommen. Die Absprachen, die bereits bestanden wurden hinterfragt und wieder über den Haufen geworfen. Daran konnten wir in der Kürze der Zeit leider nichts ändern. 

Viele Snowboarder haben Probleme den neuen Tour-Modus zu verstehen, ist das Ganze am Ende zu kompliziert geworden?

Nein, unsere Aufgabe war es ja die Tour zu vereinfachen und das Feedback von Fahrern, Nationen und Events umzusetzen. Und das haben wir. Mit der neuen Struktur gibt es nur noch vier Ebenen: Regional, National, International und Elite. Und bestimmte Events auf dem Elite Level formen die neue World Snowboard Tour Pro Series, mit dem Ziel die weltbesten Fahrer und die besten Events weltweit zu vereinen und aneinander zu binden. Obwohl wir den kommerziellen Teil des Konzeptes vorerst nicht umsetzen konnten, war es uns wichtig die Struktur der Tour entsprechend zu verändern. Dass es nicht gelungen ist, eine zentralere Vermarktung zu realisieren und damit auch zusätzliches Tour-Preisgeld im sechsstelligen Bereich für die Fahrer der WST Pro Series zu generieren, ist schade. Aber es ist nicht die Schuld der TTR. Und das Thema ist auch noch nicht für immer vom Tisch. 

Was könnten denn die Gründe dafür sein, dass das Interesse des Air + Style und der X Games, Teil der Tour zu sein, derzeit nicht groß genug ist?

Ich denke es liegt vor allem an einem Mangel an Informationen bei den Entscheidungsträgern. Die Leute, die für die Umsetzung zuständig sind, verstehen das Konzept der Tour, ihr Management oft aber nicht. Jeder versucht den Snowboardsport zu besitzen, sei es bei den X Games oder der Dew Tour. Es gibt nur noch sehr wenige Leute im Snowboarden, die der Community treu sind und das erkennen. Ein Mann wie Jake Burton beispielsweise versteht was wir tun. Es gibt andere, die das nicht tun und wiederum andere, die sich selbst den Markt aneignen wollen. Es ist eine schwierige Situation und wir versuchen uns möglichst neutral zu verhalten. Unser Ziel ist es ein Netzwerk für alle Events zu bilden. Aber es ist schwierig, alle Entscheider davon zu überzeugen.. Da ist auch viel Unwissen dabei. Wir werden oft gefragt, wer die TTR besitzt. Ich muss da immer lachen. Denn die TTR ist ein gemeinnütziger Verein, der einzig für den Sport da ist. Wir sind auf die Zusammenarbeit vor allem mit den Events angewiesen, denn sie haben die vollen Rechten an ihren jeweiligen Events. Die Events zu solidarischem Verhalten zu bewegen und damit auch Umsatzpotenziale zu teilen, ist die größte Hürde. Und diesen Schritt zu gehen, wurde letztendlich versäumt. Nicht von unserer Seite, sondern von Seite unserer Partner. Das war für uns ein ziemlich böses Erwachen und die Leidtragenden sind am Ende die Fahrer. 

Welche Rolle spielt Shaun White als neuer Initiator des Air + Styles?

Wir stehen seit langer Zeit mit Shaun Whites Management in Verbindung. Bislang konnte keine Entscheidung getroffen werden, ob die Air + Style Events Teil der World Snowboard Tour sein werden oder nicht. Die finanzielle Hürde ist eine sehr kleine, aber es scheint in Shauns Management noch Unstimmigkeiten darüber zu geben, ob man generell Teil der Tour sein will oder nicht. 

Gibt es Chancen vor den Contests in Innsbruck und Los Angeles noch eine Einigung zu erzielen?

Ich denke schon. Der Sport braucht eine zentrale Organisation, die non-profit ist, um alle Events unter ein Dach zu bringen. Das kann man als privat geführte Firma nicht machen. Es braucht ein nicht gewinnorientiertes Dachkonzept, das dann im besten Fall direkt an das IOC „angedockt“ werden könnte – vorausgesetzt man findet irgendwann einmal eine Lösung zwischen IOC und Snowboarding. Unser Sport ist viel teurer als man denkt. Wir kosten mehr als alle anderen Wintersportarten, die es gibt und bräuchten eigentlich die Unterstützung des IOCs und die Verbindung zu deren Sponsoren. Große Firmen wie Coca Cola, McDonalds oder Samsung, die in den Wintersport wirklich Milliarden investieren kommen nicht zu uns, weil sie mit dem IOC und der FIS Exklusivverträge haben. Wenn wir nicht Teil dieses Systems werden, werden wir nie auf diese finanziellen Mittel zugreifen können. Derzeit können wir nicht direkt mit dem IOC zusammen arbeiten, weil die FIS mit Snowboarden betraut ist, Fakt ist aber, dass die FIS und wir nie miteinander klarkommen werden, weil die FIS unser Projekt nicht unterstützt oder gar finanzieren wird. Das heisst wir müssten uns direkt mit dem IOC arrangieren, um an Gelder zu kommen, mit denen wir die Fragmentierung unseres Sports stoppen können. 

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