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Rider

Blickwinkel: Nicolas Müller

Nicolas Müller hat es mit seinen 30 Jahren bereits zum Legendenstatus geschafft! Neben all den Fotos, Interviews und Videoparts, die wir alle kennen, konnte der Schweizer in seiner bisherigen Karriere weitaus mehr Titelseiten verbuchen, als jeder andere Snowboarder. Mit seinem unverkennbaren Riding steht Nicolas nicht nur alle Nase lang in den Kioskregalen auf Seite eins, sondern er transportiert auf diesem Wege auch seine Auffassung von Snowboarden in die weite Welt hinaus. Der Style-Prophet geht vor und seine Jünger folgen ihm! Und so verwundert es kaum, dass Herr Müller auch die Titel der 100. Jubiläumausgaben beim Transworld Snowboarding, dem Snowboarder MBM und des Pleasure Magazins zierte. In einer MBM-Ausgabe mit Schwerpunkt Fotografie liegt es also auf der Hand, dass der Atreebutes-Mitbegründer nicht fehlen darf. Nachdem wir die Perspektiven auf Nicolas von all den Fotografen en masse gesehen haben, ist es an der Zeit den Spieß umzudrehen und Nicolas‘ Blickwinkel auf die Fotografie kennenzulernen.

Text & Interview: Meike Vetter

Nico und seine Trophäensammlung bei ihm zuhause in Laax

›Nicolas, du hast über 70 Magazin-Covers geziert und bist sozusagen das Topmodel der Branche…
[lacht] Ja, irgendwie schon, aber für die echte Modelbranche fehlen mir ein paar Zentimeter in der Länge.

›Wie erklärst du dir diese immense Anzahl, die selbst Größen wie Terje Haakonsen, Travis Rice oder Gigi Rüf alt aussehen lässt?
›Ich kann es mir auch nicht wirklich erklären, aber eines steht fest: Style matters, I guess! Einen guten Style zu haben war mir immer extrem wichtig und hatte oberste Priorität. Erst der Style, dann der Trick! So habe ich vielleicht eher ein Cover bekommen als den „krassesten Trick Award“, eine Sequenz in einem Magazin oder den ersten Platz an einem Contest, aber all die Auszeichnungen und Trophäen waren mir auch nie wirklich wichtig. Ich habe schon früh mehr an meinem Style als an meinem Trickrepertoire gearbeitet. Ein Cover zu landen hat mir eben schon immer mehr bedeutet als einen Wettbewerb auf dem Treppchen zu beenden. Es wäre aber mal interessant zu wissen wie viele Cover genau Terje und Gigi hatten, die waren ebenfalls sehr erfolgreich in dieser Hinsicht…

›Merkst du während eines Shootings, ob es Cover-Potenzial birgt?
›Nein, mir war nie bewusst, dass in einem Moment des Snowboardens ein nahezu perfektes Bild entsteht! Das spricht natürlich in erster Linie für die Fotografen, denn wenn ich snowboarde mache ich mir über solche Dinge keine Gedanken, ich fahre einfach und gebe mein Bestes. Es hängt viel von den Fotografen ab, ob sie ein gutes Auge haben und aus welcher Perspektive sie fotografieren. Bei manchen Fotografen war ich echt erstaunt, was sie für Resultate herausgeholt haben. Silvano [Zeiter. Seniorfotograf des MBM, Anm. d. Red.] zum Beispiel hat im letzten Winter super coole Spots mit mir geshootet, aber erst als ich anschließend die Fotos gesehen habe, wurde mir bewusst, wie fett sie geworden waren. Ich glaube die meisten Fotografen motiviert es mit mir zu fotografieren, da ich nicht stupide meine Tricks über Kicker oder Rails mache, sondern individuelle Features im Gelände suche.

›Wie gehst du bei deiner Arbeit vor, wie müssen wir uns ein Shooting vorstellen?
›Wenn ich direkt beim ersten Versuch einen Trick perfekt stehe und die Filmaufnahme passt, ist der Job an einem Spot erledigt. Außer, der Fotograf hat noch einen zweiten, geileren Winkel für den es sich lohnt den Trick zu wiederholen. In diesem Fall liegt es dann an mir abzuwägen, ob es sich nochmals lohnt den Spot zu fahren oder nicht. Aber wenn die neue Perspektive Potenzial hat und mein Körper und Kopf keine Einwände haben, komme ich gerne solch einem Wunsch nach. Ich bin keine Diva, nur weil ich einen gewissen Bekanntheitsgrad besitze. Auf den Berg geht man als Team, und als solches muss man zusammenarbeiten, um erfolgreich sein zu können.

›Welche Voraussetzungen braucht es, um am Ende eines Tages ein Titelbild mit nach Hause nehmen zu können?
›Ich denke am wichtigsten ist die Stimmung. Wenn man als Crew zusammen auf den Berg geht, gemeinsam Freude hat und lachen kann, dann entsteht meistens auch irgendetwas Positives. Es muss ja nicht immer gleich ein Cover sein, meist entwickelt sich so etwas unbewusst. Niemand geht auf den Berg und hat das Ziel mit einem Titel am Abend herunterzukommen, so etwas kann man nicht erzwingen. Oft realisiert man erst viel später, welches Potenzial das ein oder andere Bild haben könnte. Und ganz ehrlich, ein Cover ist zwar eine feine Sache, aber ich fahre so wie ich mich fühle und würde nie über meine Grenzen gehen, nur um auf Biegen und Brechen ein Cover zu bekommen.

›Gibt es Fotografen mit denen du besonders gerne shooten gehst?
›Ich hatte bereits in jungen Jahren das Glück mit großen Namen wie Jeff Curtes und Blotto unterwegs sein zu dürfen. Ich habe keine höheren Erwartungen an sie, aber ich weiß, wenn ich zum Beispiel mit Curtes unterwegs bin, dass danach irgendwo Footage auftauchen wird. Bei Fotografen, die bereits mit mir unterwegs waren weiß ich, dass es gut läuft und bei neuen ist es oft so, dass sie sich besonders freuen, wenn wir gemeinsam auf den Berg gehen, weil sie sich von mir viel erhoffen. Es ist normal, dass man gewisse Erwartungen hat, nur darf man nicht enttäuscht sein, wenn diese auch mal nicht erfüllt werden, denn das passiert immer wieder.

›Kannst du dich noch an den Augenblick erinnern, als du dein erstes Cover in den Händen hattest?
›Mein erstes Cover… [überlegt lange] Mein erstes Cover war glaube ich das Snowboarder Magazin Photo Annual in der Zeit von Transcendence [zweiter Film von Absinthe Films, Anm. d. Red.], also 2001, als ich noch ein totaler Rookie war. Das war der Wahnsinn. Es war ein Method aus Laax für den ich dann meinen ersten fetten Incentive-Check bekommen habe. Damals hatte ich glaube ich nur Incentives und Travelbudget, daher war es schon cool, neben der Anerkennung auch noch die Kohle zu bekommen.

›Und wie fühlt es sich heute an?
›Es ist nach wie vor ein geiles Gefühl, ein Heft in den Händen zu halten auf dem du selbst bist! Klar schleicht sich eine gewisse Routine ein. Aber ein Cover zu haben ist und bleibt einfach mega!

Alle 76 Nicolas Müller Covers, die wir finden konnten:

›Welche Bedeutung hat es für dich nach über einem Jahrzehnt noch immer so präsent in Magazinen zu sein?
›Ich snowboarde einfach gerne und das ist mein Hauptfokus. Klar, es ist zu meinem Beruf geworden und wenn ich Covershots bekomme ist das positiv, es ist ein Zeichen dafür, dass es beruflich gut läuft, es macht meine Sponsoren glücklich und so weiter, aber in erster Linie soll ein Cover ja dem Magazin helfen verkauft zu werden und um den Spaß am Snowboarden an die Leser zu transportieren. Es ist etwas Besonderes ein Teil davon zu sein und eben dieses geile Gefühl von Snowboarden vermitteln zu dürfen. Für mich ist Snowboarden zeitlos und es ist schön zu sehen, dass mein Riding die Message von Snowboarden verbreitet, komplett unabhängig davon, ob mein Name fett daneben steht oder nicht.

›Neben den Fotografen arbeitest du mit bekannten Filmproduktionen und schaffst es heute sogar wieder an bestimmten Wettbewerben aufs Treppchen…
›Ich habe mich vor einigen Jahren aus der Contestwelt zurückgezogen, weil der Nachwuchs immer besser wurde und zu hundert Prozent hinter dem Contest-Riding stand, ich dagegen habe mein Snowboarding wo ganz anders gesehen. Es wurde mir zu viel Stress und ich konnte mich nicht mehr damit identifizieren. Als letztes Jahr die Einladung zu den „X-Games Real Snow Edits“ und dem Supernatural kam wurde das Feuer bei mir wieder entfacht und ich wollte unbedingt teilnehmen. Wenn ich etwas wirklich will, dann gebe ich auch alles und ich wollte gewinnen. Es hat mich gefreut zu sehen, dass es noch funktioniert und mir gleichzeitig gezeigt, welchen Unterschied es macht ob man etwas wirklich will, oder eben nur halbherzig dahinter steht, welche immense Kraft hinter positiven Gedanken steckt. Denn hätte ich nicht zu einhundert Prozent an mich geglaubt, hätte ich sicher auch nicht gewonnen. Dasselbe kann man auch auf Covers beziehen, der Moment am Berg, der von dem Fotografen eingefangen wird ist schlussendlich positive Energie, die es auf den Titel eines Snowboardmagazins schafft.

Nico hält die 100. Ausgabe des MBMs in seinen Händen. Neben dieser Jubiläumsausgabe ziert der Coverboy auch die 100. Ausgaben von Transworld Snowboarding und des Pleasure Magazins.

›Wie wichtig ist es für einen Pro auf dem Cover eines Magazins zu landen?
›Es ist wichtig, ein Cover ist schon ein großes Ding, über das viel geredet wird. Bei meinem letzten MBM-Cover zum Beispiel haben mir viele Leute gratuliert und es wurde viel darüber gesprochen. Das steigert meinen Bekanntheitsgrad bzw. meine Präsenz und das wiederum ist für meine Sponsoren wichtig.

›Kannst du ca. deinen Verdienst durch deine Coverpräsenz beziffern?
›Das ist schwierig, weil mein Marktwert, der die Basis für Vertragsverhandlungen ist, sich nicht alleine durch Titelbilder gebildet hat. Aber ich hatte lange Zeit Verträge bei denen ich Incentives bekommen habe, da hat ein Cover schon einiges ausgemacht. Hochgerechnet kommt da sicher der ein oder andere Mercedes zusammen [lacht].

›Titelbilder sind primär an Print gebunden Onlinepräsenz und Social Media erreichen in unserer heutigen Zeit aber einen immer höheren Stellenwert. Du besitzt noch nicht einmal ein Mobiltelefon.
›Naja, ich hab jetzt ein iPad, aber ohne SIM-Karte. Da habe ich auch Apps der Magazine drauf und es ist krass zu sehen was inzwischen schon alles online passiert. Aber es nervt mich, wie viel Zeit man vor den Kisten verbringt. Eigentlich möchte ich meine Zeit anders nutzen. Ich habe zwar kein Mobiltelefon mehr, aber das heißt nicht, dass ich der modernen Welt komplett den Rücken kehre.

›…oder hat ein Nicolas Müller es einfach nicht nötig sich selbst online zu vermarkten und rund um die Uhr erreichbar zu sein?
›Durch meine lange Zeit als professioneller Fahrer habe ich mir einen Namen gemacht, wodurch ich mich heute nicht so stark über die neuen, modernen Kanäle promoten muss. Aber ich habe auch eine Facebook Fanpage, die ich selbst verwalte, nur poste ich dort nicht jeden Tag irgendeinen Scheiß. Ich habe mal gehört, dass es bei vielen jungen Fahrern Pflicht ist, dass sie Facebooken, Twittern und so weiter, dass es sogar in ihren Verträgen steht und da muss ich ganz ehrlich sagen, ich bin froh, dass das bei mir nicht der Fall ist. Wenn es dem Fahrer Spaß macht und es ihnen was bringt geht das in Ordnung, aber nicht, wenn es Pflicht wird vor dem Computer zu hängen. Da sollte man lieber rausgehen und etwas Gescheites machen!

›Manche Fahrer definieren sich heute über ihren Webauftritt und ihre Reputation, die sie dank Social Media und Internet Videos streuen, anstatt durch ihr Snowboarden. Wie findest du das? 
›Das ist auf jeden Fall eine Begleiterscheinung der heutigen Zeit, getreu dem Motto „any press is good press“, wenn man bekannt ist hat man es eben einfacher. Schlussendlich geht es ja darum seinen Bekanntheitsgrad zu steigern und wenn einem das Internet dabei hilft, spricht ja nichts dagegen – jedem das seine! Ich bin froh, dass ich ein anderes Verhältnis zu meinen Sponsoren und meinem Leben habe und die Möglichkeit besitzte ohne Onlineplattformen mein Geld zu verdienen. Ich war immer der „Underdog“: Ich habe nie den Air & Style gewonnen, aber mir hat es unglaublich viel bedeutet, dass Ingemar Backman mir nach meinem vierten Platz ein Kompliment gemacht hat, als er meinte, wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte ich gewonnen. So etwas ist mir wichtiger als ein Sieg und da ist es mir auch egal, dass ich nur 7.000 Facebook Fans habe und andere junge Fahrer, die noch nicht so viel geleistet haben, 100 Mal so viele Fans haben.

›Auch für uns Magazine wird der Onlineauftritt immer wichtiger. Glaubst du, dass dadurch die Bedeutung eines Covers an Bedeutung verliert?
›Nein, das denke ich nicht. Zwar geht der Trend stärker in den Onlinebereich, aber es geht nichts darüber, ein Magazin in den Händen zu halten. Vielleicht bin ich ja wirklich so Old School, aber für mich ist zum Kisok zu gehen und das neueste Mag abzuholen tausendmal geiler als es auf dem iPad anzuschauen. Gerade wenn die Anzahl der Printausgaben in der Zukunft vielleicht abnimmt, wird der Stellenwert eines Covers steigen, getreu dem Motto „weniger ist mehr“.

›Zu guter Letzt, welche drei Tricks sind für dich die Bestseller in Sachen Titelbild?
›Number one ist natürlich ein Method, weil es einfach der ästhetischste und repräsentativste Snowboardtrick ist. Dann ein Ollie ohne Grab, wie auf eurem vorletzten Cover und nicht zu vergessen ein Powderturn. Alles Tricks, die ich noch lange, sehr lange machen kann [lacht].

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