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Rider

Blickwinkel: Kevin Pearce

Der Weg von Kevin Pearce kannten stets nur eine Richtung: steil nach oben! Zwischen 2006 und 2009 gewann der heute 23-Jährige zweimal die European Open in der Halfpipe, zweimal die Arctic Challenge in der Quarterpipe, zwei Air & Styles in einer Saison im Big Air und in der Quarterpipe, den X-Trail Jam und die New Zealand Open im Slopestyle, drei Silbermedaillen bei den X Games im Slopestyle, in der Superpipe und im Big Air konnte er sogar in der Saison 2008/09 den Titel des TTR Tour Champion verbuchen und filmte obendrein noch einen ansehnlichen Backcountry-Part mit Absinthe. Seine Erfolge und die verschiedenen Disziplinen, in denen er sie holte, zeigen, dass Kevin einer der besten und vielseitigsten Shredder auf dem Planeten war bzw. ist. Kev ist nicht nur Contest-Maschine, er ist sympathisch, aufgeschlossen und neben seiner natürlichen und freundlichen Art wurde ihm eine große Portion Style mit in die Wiege gelegt. Am 31. Dezember 2009 nahm Kevins Geschichte jedoch eine tragische Wende: Beim Pipe-Training eines Cab Double Cork stürzte er und erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Heute, knapp ein Jahr nach dem Unfall, befindet sich Kevin immer noch in der Reha. Seine Kraft, Hingabe und Willensstärke während der letzten Monate war beispiellos und ist eine echte Quelle der Inspiration. Da sich durch das schreckliche Ereignis viele Dinge in seinem Leben änderten, ist es an der Zeit, die letzten Monate aus Kevins Blickwinkel Revue passieren zu lassen.

Kevin, es ist großartig, mit dir zu sprechen! Wie geht es mit der Reha voran?
Mir geht’s echt schon unglaublich gut und ich bin mehr als dankbar, dass ich nach einem solch schweren Schädel-Hirn-Trauma schon wieder halbwegs auf den Beinen bin!

Wie verläuft der Heilungsprozess, was darfst du schon alles machen und was noch nicht?
Obwohl sich der Unfall mittlerweile schon vor mehr als elf Monaten ereignete, befinde ich mich immer noch voll in der Regenerationsphase. Inzwischen habe ich von den Ärzten aber das Okay bekommen, dass ich laufen, Rad fahren, Übungen im Fitness-Studio machen und auch Golf spielen darf für meine Motorik. Ich war sogar schon wieder auf ein paar Trips und hoffe, Mitte Dezember auch einen Besuch in mein eigenes Haus in Südkalifornien machen zu können. Darüber hinaus geht leider noch nicht so viel, ich bin also noch relativ eingeschränkt im täglichen Leben.

Du hast wirklich harte Monate hinter dir. Wie wichtig war der Support durch deine Familie während dieser Zeit?
Kurz und knapp gesagt war das zweifellos der allerwichtigste Teil der ganzen Genesungs- und Reha-Zeit. Ohne meine Familie wäre ich nicht da, wo ich heute schon wieder bin.

Hat es dir noch einmal einen zusätzlichen Schub gegeben, nach fünf Monaten Reha in Colorado endlich wieder nach Hause nach Vermont zu kommen?
Oh ja! Endlich wieder in das Haus meiner Eltern und zu meinen Brüdern nach Vermont zu kommen war der beste Teil der ganzen Reha und tat so verdammt gut! Es hat sich einfach gut angefühlt, endlich wieder all meine Freunde zu sehen und einfach wieder in meiner vertrauten Umgebung zu sein.

Und wie hast du den Support und die Unterstützung durch deine Freunde und die FRENDS Crew erlebt?
Ich glaube, dass ich es niemals schaffen werde, in Worten wiederzugeben, was es mir bedeutet und wie wichtig es war, dass so viele Menschen, die ich teilweise nicht einmal persönlich kenne, an mich gedacht haben und mir ihre positive Energie geschickt haben. All meine Freunde und vor allem die FRENDS waren die ganze Zeit bedingungslos für mich da und haben mir so verdammt viel Kraft gegeben. Das werde ich mein Leben lang nicht vergessen und immer unglaublich dankbar dafür sein!

Direkt nach deinem Unfall gab es ja diese noch nie dagewesene Aktion und mehr als 50.000 Fans verfolgten täglich über Facebook, wie es dir ging, und schickten dir ihre Genesungswünsche. Tausende hatten den „I ride for Kevin“-Sticker auf ihrem Board. Was hast du gedacht, als du das erste Mal davon gehört hast?
Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich total überwältigt von dieser riesigen Anzahl an Fans bei Facebook war und bin. An so etwas hätte ich nie gedacht, es hat mich sehr positiv überrascht und bedeutet mir eine Menge, dass so viele Leute Anteil genommen haben und mir ihren Support haben zukommen lassen!

Aber das beruht ja auch auf Gegenseitigkeit: Wie du dich deiner Reha gestellt hast, hatte auf viele Leute eine sehr positive Wirkung. Dein Beispiel war für viele eine echte Inspiration, niemals den Glauben und die Hoffnung aufzugeben, dass sich harte Arbeit auszahlen wird. Konntest du auch irgendeinen positiven Aspekt für dich aus der ganzen Sache ziehen?
Ich denke, dass ich durch all das, wo ich durchgehen musste und auch immer noch durchgehen muss, eine viel stärkere Persönlichkeit geworden bin und mich nichts mehr so schnell erschüttern kann.

Wenn wir nun noch einmal an Ende Dezember letzten Jahres denken, erinnerst du dich an die Zeit vor dem Unfall bzw. an den Unfall selbst?
Nein, ich kann mich absolut an nichts erinnern, was mit dem Unfall zu tun hat. Ich erinnere mich allerdings an Jacks [Mitrani; Anm. d. Red.] Geburtstag, der ja nur einen Tag vor dem Unfall war. Das war’s aber auch schon.

Wie hast du dich damals gefühlt, als du angefangen hast, Double Corks zu trainieren? Hattest du Schiss oder Ähnliches vor den neuen Tricks?
Nein, Angst oder so etwas habe ich eigentlich überhaupt nicht verspürt. Es war eher sehr aufregend und spannend, da wir gespürt haben, wie wir die Progression des Sports in großem Stil voranbrachten.

Denkst du, dass die Progression von Tricks einfach zu schnell war bzw. ist, dass solche Unfälle zwangsweise hervorgerufen werden?
Nein, auf keinen Fall! Ich denke, dass die Progression im Snowboarden einfach fantastisch ist und es immer wieder Spaß macht und spannend ist zu verfolgen, wie schnell sich der Sport weiterentwickelt.


Hast du dich bei dem Trick jemals unwohl gefühlt?

Wie gesagt, Angst hatte ich keine, aber auf jeden Fall war mir anfangs dabei ganz schön mulmig. Nicht weil ich Schiss hatte, sondern weil es etwas komplett Neues war und ich vorher nicht daran geglaubt habe, dass so etwas überhaupt möglich sein würde.

Hast du früher jemals darüber nachgedacht, dass dir solch ein schlimmer Unfall vielleicht irgendwann einmal widerfahren könnte?
Nein. Ich hatte zwar vorher schon mehrere Gehirnerschütterungen von anderen Snowboard-Stürzen, aber dass mir einmal so etwas Schlimmes wie ein Schädel-Hirn-Trauma passieren könnte, hätte ich wirklich nie gedacht.

Denkst du, dass es eine allgemeine Helmpflicht bei jedem Snowboard- Event geben sollte?
Ja, jetzt denke auch ich, dass es bei jeder Halfpipe- oder Slopestyle-Competition eine verbindliche Helmpflicht geben sollte. Auch ich habe einmal gedacht, dass ein Helm nur mehr Aufwand und Unannehmlichkeiten mit sich brächte. Jetzt habe ich aber am eigenen Leib erfahren, dass ein Helm Leben retten kann bzw. mein Leben gerettet hat und dass sich der Aufwand, einen Helm zu kaufen und ihn zu tragen, auf jeden Fall lohnt.

Welche Ratschläge würdest du heute jungen Shreddern geben, damit sie es mit dem Lernen neuer Tricks nicht gleich übertreiben?
Ich denke, dass man es, wenn man die Fähigkeiten und Skills dazu hat, so weit pushen kann und auch sollte, wie man selbst Bock darauf hat. Man sollte sich aber keinem Druck von außen aussetzen, sondern alles nur so weit pushen, wie man sich selbst wohl damit fühlt. Es ist wichtig, auf sein Ziel fokussiert zu bleiben und immer im Rahmen seiner eigenen Grenzen und Möglichkeiten zu bleiben.

Als ob dich deine eigene Reha nicht schon genug Kraft und Nerven kosten würde, hast du mit deinem Bruder David, der am Down-Syndrom leidet, in New York am National Down Syndrome Society’s Buddy Walk teilgenommen und bei der Spendenaktion von allen Teilnehmern die meisten Spenden gesammelt. Das ist eine echt coole Geschichte, von der sich viele andere eine Scheibe abschneiden könnten. Erzähl uns doch noch ein bisschen mehr darüber und was es für dich und David bedeutet hat!
David war schon immer ein extrem wichtiger Teil unserer Familie und in meinem Leben. Der Buddy Walk in New York war eine großartige Möglichkeit, die NDSS zu unterstützen. Es ist echt fantastisch und unglaublich, wie sehr mich meine Fans bei dieser Aktion unterstützt haben. Ich bin wirklich sehr dankbar für den riesigen Support in dieser für mich so wichtigen Angelegenheit! David war natürlich auch voll begeistert von der ganzen Aktion und vor allem von NYC – was für eine Stadt! Er war total aufgeregt, mit mir zusammen Interviews zu geben und in einem nationalen TV-Sender aufzutreten.

Was planst du nun als Nächstes? Wie wird es mit der Reha weitergehen?
Ich werde natürlich bei der Reha weiterhin Vollgas geben und hart an mir arbeiten, geduldig zu bleiben und es nicht zu übertreiben. Ich werde alles daransetzen, dass es mir so schnell wie möglich wieder besser geht. Ich habe schon echt gute Fortschritte gemacht und kann sehr glücklich sein mit dem, was ich bis jetzt erreicht habe. Das Gehirn braucht allerdings eine sehr lange Zeit, um sich von einer derart schweren Verletzung wie meiner zu erholen. Das ist auch der Grund, warum ich so viel Geduld in dem ganzen Reha-Prozess brauche und mich auch an Tagen, an denen die Fortschritte nicht so schnell kommen, weiter bemühe, es aushalte und den Mut und Glauben an mich selbst nicht verlieren darf.

Natürlich wollen wir auch wissen, ob du wieder Snowboard fahren wirst.
Aber sicher werde ich das zu gegebener Zeit! Wann jedoch der Tag kommt, dass ich wieder in die Bindung strappen kann, wird die Zeit zeigen und meine Doktoren werden es mir dann schon rechtzeitig sagen.

Nun, da der Winter vor der Tür steht, meinst du, dass du eventuell schon diese Saison ein paar Turns ziehen kannst?
Wie schon gesagt, da muss ich voll auf das grüne Licht meiner Ärzte warten. Um mir selbst keine falschen Hoffnungen zu machen, sollte ich den Mund nicht zu voll nehmen.

Glaubst du, dass du dann beim ersten Mal ein schlechtes Gefühl oder eventuell gar so etwas wie Angst verspüren wirst?
Nein, das denke ich nicht. Ich bin eher aufgeregt zu sehen, wie es sich dann anfühlt, und ich kann es auch kaum noch erwarten, endlich wieder das zu tun, was ich am meisten liebe und vermisse.

Inwieweit willst du – wenn möglich – auch wieder in den Snowboard- Zirkus einsteigen? Ist es dein Ziel, irgendwann wieder an Contests teilzunehmen oder würdest du dich in die ganze Szene auf irgendeine andere Art und Weise einbringen wollen?
Ja, ich freue mich schon sehr darauf, wieder in den ganzen Zirkus einzusteigen! Und auch wenn ich es nicht mehr schaffen sollte, an Contests teilnehmen zu können, will ich dennoch filmen gehen oder zum Beispel als Speaker bei Contests dabei sein. Außerdem will ich dafür sorgen bzw. mich darum kümmern, die Leute darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig es ist, Helme zu tragen! Dazu würde ich auch sehr gerne meine Hilfe und meinen Support all denjenigen zukommen lassen, die ebenfalls Schädel-Hirn-Traumata erleiden mussten.

Kevin, wir hoffen natürlich, dass all deine Träume und Ziele wahr werden und dass deine Genesung weiterhin so gut verläuft! Wir vom MBM wünschen dir nur das Beste und hoffen, dich bald wieder da zu sehen, wo du hingehörst: im Schnee und ganz oben auf den Podesten! Vielen Dank für deine Zeit, gute Besserung und wir sehen uns auf dem Berg!
Auf jeden Fall! Vielen Dank auch an euch vom MBM, dass ihr an mich geglaubt und mich nicht vergessen habt. Ich danke einfach jedem, der mir und meiner Familie in den letzten Monaten zur Seite gestanden hat, sowie all denjenigen, die mir mit ihrer Liebe und ihrem Support seit meinem Unfall geholfen haben und es immer noch tun, diese schwere Zeit zu meistern. Danke!

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