Share

Rider

Devun Walsh

Beim Snowboarden darüber zu sinnieren, wie lange ein Pro grundsätzlich Karriere machen kann, war bis vor nicht allzu langer Zeit überflüssig. Zu jung war der Sport, mit zu wenig gestandenen Männern, die bereits als alte Hasen hätten bezeichnet werden können. Langsam aber sicher häufen sich die 3en auch auf den Rücken der Snowboard-Pros. Gesunde Ernährung, wenig Alkohol, viel Schlaf, intensives Krafttraining oder seriöse Frauen an ihrer Seite nennen die Pros als Gründe für ihren andauernden Erfolg. Dass das alles nicht nur unbedeutendes Gelaber ist, beweist Devun Walsh. Nach den Wirren um seinen Sponsorenwechsel von Forum zu DC rückte Devun in seinem ersten Jahr in den 30igern gleich mit drei Videoparts heraus und zeigte damit, wieso ihn DCP bereits als einflussreichsten kanadischen Snowboarder aller Zeiten betitelte. Mit Devun Walsh im Interview sprechen 15 Jahre Pro-Erfahrung über eingschlagene Autoscheiben, gefällte Bäume und ruinierte Firmen.

Devun, hast du dich von den Hangovern der Wildcats-Premierentour erholt?
Ich war ja nur bei einem Stopp dabei. Der Hangover fiel daher ganz angenehm aus. Wenn ich auf die ganze Tour mitgegangen wäre, dann hätte mein Körper definitiv schlapp gemacht.

Was wurde denn aus der Wildcat in dir?
Meine wilden Zeiten sind vorbei. Ich bin seit diesem Frühjahr verheiratet, und meine Frau ist kein Partytiger. Ich passe mich da gerne an. Wenn ich heute noch so feiern würde wie früher, würde ich wohl eines Tages in einem toten Körper aufwachen.

Wer ist Devun Walsh heute?
Puh… Hundebesitzer, Old School-Snowboarder, Reisender, Wildcats-Manager, Business-Mann, Gärtner, Golfer und ein verheirateter Mann. All das vereine ich in mir.

Wo kommt Devun Walsh her?
Ich bin in 100 Miles, in einem kleinen Kaff im Zentrum von British Columbia aufgewachsen. Der Ort liegt am Goldgräber-Weg und heisst deswegen 100 Miles. Als Jugendlicher zog ich nach Vancouver, skatete im Sommer viel und fing im Winter irgendwann mit dem Snowboarden an. Eigentlich spielte ich noch ambitioniert Hockey, ich vernarrte mich aber sehr bald schon so stark ins Snowboarden, dass ich auf das Training in der Halle verzichtete und stattdessen auf den Berg fuhr.

Und irgendwann hast du dich mit den Wildcats zusammengetan?
So in etwa. Wir waren ein paar Snowboardpros, die alle regelmässig zusammen in Whistler fahren waren. In dieser Zeit machte Snowboarden gerade die ersten Schritte in Richtung Kommerzialisierung. Die Firmen wurden immer grösser, die Szene immer unpersönlicher. Wir wollten den alten Spirit bewahren und entschieden, eine Brand ins Leben zu rufen, bei der noch Snowboarder die Klamotten für Snowboarder produzieren. Daher institutionalisierten wir quasi unsere Freundschaft und fingen an, unter dem Pseudonym „Wildcats“ Filme und Kleider zu produzieren. Heute gehört die Brand immer noch denselben zwölf Fahrern, die damals die Wildcats gegründet haben.

Das klingt nun alles wahnsinnig anständig und gesittet. Dabei wart ihr doch eigentlich der Alptraum jeder Schwiegermütter.
Wir waren jung und wild, keine Frage. Schwiegermütter haben uns damals aber noch kaum interessiert. Unsere einzige Sorge war es, herauszufinden, wo wir den nächsten Drink herbekommen konnten. Ehrlich gesagt waren wir Wildcats dumme, verwöhnte Kinder, die zu früh zu viel Geld verdienten und nichts konnten ausser snowboarden. Wir wollten definitiv etwas angeben, und da gehörte das Feiern natürlich dazu.

Kannst du dich an eine bestimmte schlimme Geschichte erinnern?
Ich kann mich an nichts Bestimmtes mehr erinnern, aber wir haben viele schlimme Dinge getan – Autofenster eigeschlagen, in fremde Gärten gekotzt, Bars und Hotelzimmer auseinander genommen. Wir waren eben jung und mussten lernen. Mittlerweile müsste mein Karma aber wieder im positiven Bereich sein, denn ich versuche wirklich, stets ein freundlicher Mensch zu sein.

Glauben wir dir. Was ist heute deine Funktion bei den Wildcats?
Ich mache zusammen mit JF Pelchat das Marketing der Wildcats. Wir haben die Administration mit meiner Goggle-Brand IS Eyewear zusammengelegt, das macht unsere Arbeit sehr viel einfacher. Im Moment bin ich gerade im Büro und schaue ein paar Desings für die Kleiderkollektion der nächsten Saison an. Alles in allem übernehmen heute aber einige zuverlässige Heinzelmännchen den Grossteil der Arbeit.

Die Wildcats haben dieses Jahr wieder einen Film rausgebracht. Sind die Bastarde heute immer noch die gleichen wie die „Lil’ Bastards“ vor acht Jahren waren?
Wir sind auf jeden Fall nach wie vor Bastarde, ausser, dass wir etwas älter geworden sind. Aus kleinen sind quasi grosse Bastarde geworden. Es sind zwar nicht mehr alle bei den Wildcats dabei, die früher dabei waren. Aber der Kern ist geblieben. Für mich ist es nach wie vor so, dass ich die Kameras vergesse, wann immer ich mit den Wildcats beim Shooten bin. Alles was ich dann tue, ist, mich beim Spass mit meinen Freunden filmen lassen.

Vor ein paar Jahren hast du die Gogglebrand IS Eyewear gegründet, wie viel Mitspracherecht hast du dort heute noch?
Gegründet haben wir damals zwar Iris, die Brand ist aber bis auf die Namensänderung dieselbe geblieben. Ich bin nach wie vor Teilinhaber von IS Eyewear und habe dementsprechend Einfluss auf die Brand. Zudem kümmere ich mich um einen Teil des Marketings, bin natürlich Teamfahrer und habe Mitspracherecht, wenn es um mögliche neue Fahrer fürs Team geht.

Devun Walsh nimmt sein Leben offensichtlich seriöser. Stimmt es, dass du nicht mehr betrunken snowboarden kannst?
Ja, leider! Früher konnte ich mich abknallen und anschliessend fahren gehen. Heute kann ich nach einem Bier kaum noch gerade laufen. Dazu kommt, dass meine Hangover echt übel geworden sind. Ab 30 sagt einem der Körper halt schneller, wenn er etwas Ruhe braucht.

Inwiefern gibst du deinem Körper die Ruhe?
Ich lebe gesünder. Ich achte auf meine Ernährung, trinke praktisch keinen Alkohol mehr, trainiere regelmässig im Kraftraum und versuche, einen geregelten Tagesablauf zu haben. Mein Körper soll nicht wie früher von einem Schock in den nächsten geworfen werden. Dafür lässt er mich trotz meines Alters auch noch snowboarden.

Hier liegt also das Geheimnis für deinen andauernden Erfolg?
Das ist sicherlich die eine Seite. Das andere ist das mentale. Gerade als ich vor zwei Saisons die Kids von Forum nach Whistler zu Besuch bekam, dachte ich, dass sie mich ziemlich in den Schatten stellen würden. Am Ende hatte ich trotz allem einen tollen Videopart in „That“. Das tat meinem Ego gut, und auf solche Dinge baue ich heute, wann immer ich in ein Motivationsloch zu fallen drohe. Ich mag ein alter Mann sein, doch solange ich den Rookies das Wasser reichen kann, habe ich keinen Grund, mich alt zu fühlen.

Schliesslich bekommst du trotz allem noch die grösseren Props für deine Cab 180ies als die Kids für ihre Front 1080ies.
Ja, das ist manchmal wirklich so. Obwohl ich denke, dass das falsch ist. Keine Frage, all die Spins immer und überall nerven mich auch, aber ich selbst denke nach meinen Videoparts immer, dass ich mir ein grösseres Trickrepertoire zulegen sollte.

Dafür hat dich deine Mama als Kind offensichtlich mal in einer Stylebox vergessen.
(lacht) Keine Ahnung, vielleicht müsste ich mal nachfragen. Ich denke, diese ganze Stylefrage ist sehr subjektiv. Ich versuche einfach, so zu snowboarden, dass es sich für mich gut anfühlt und nachher aus meiner Sicht gut ausschaut. Als aufstrebender Snowboarder war es vor allem Jamie Lynn, der mich beeinflusst hat. Ich fand seinen Style absolut toll und wollte unbedingt so fahren wie er. Also technisch und trotzdem fett. Dazu bereiten mir wenige Spins einfach mehr Spass. Bei einem 7er oder 9er bin ich so aufs Spinnen konzentriert, dass die Landung kommt, bevor ich überhaupt denken kann. Bei einem 180° oder einem 360° hört die Welt um mich herum auf zu drehen, und ich erlebe jede einzelne Sekunde in der Luft ganz bewusst mit – das macht für mich Snowboarden aus.

Du warst letzte Saison auch für den neuen DC-Film und für Whiteout Films unterwegs. Wie war’s?
Ich hatte wirklich eine tolle Saison. Ich war vor allem mit Iikka Backström und Lauri Heiskari unterwegs. Die beiden sind so unglaublich kreative Köpfe und fahren stylisch und technisch in einem. Als Highlight der Saison würde ich trotz des tollen Winters in Whistler unseren DC-Trip nach Chile erwähnen. Wir waren im Sommer zwei Wochen zum Heliboarden unten und hatten wirklich die ganze Zeit erstklassigen Schnee und Bluebird. Der DC-Film ist übrigens der absolute Knaller. Du willst das Ding immer und immer wieder schauen.

Wenn wir dich nun schon mal am Hörer haben, was soll das eigentlich ständig mit diesen Bäumen, die du den Kickern zuliebe fällst? Das geht doch im Zeitalter der globalen Erwärmung nicht!
(lacht) Oops… Wir hacken sie nicht um, wir bringen sie bloss fort! Nein ernsthaft, wir machen das ja meist nicht zum Spass, aber das eine Mal stand ein Baum wirklich direkt dort, wo wir den Kicker für ein Road Gap bauen wollten. Zu meiner Verteidigung kann ich aber sagen, dass wir den Baum danach zu der Baumhütte geschleift und als Brennholz verarbeitet haben. Aber ich weiss, dass dies nicht sehr vorbildlich war. Ich werde versuchen, es künftig zu vermeiden. Verzeiht mir! Ach und eigentlich war es ja der Filmer, der mich dazu zwang, den Baum zu fällen… (lacht)

In deinem Videopart in „Season 4“ wechselt dein Brett ständig von einem Forum zu einem DC. Das Geheimnis dahinter?
Forum und Special Blend fing vor circa einer Saison an, mich in der Prioritätenliste hinter den Youngguns einzustufen. Anfangs war das okay für mich, doch dann kam „That“ raus. Ich hatte einen der längsten Parts und Special Blend strich trotzdem meine Anzeige. Ich fühlte mich nicht ernst genommen und sprach die Leute bei Forum darauf an. Sie sagten mir, dass meine Karriere vorbei wäre und ich so oder so nirgendwo einen besseren Vertrag bekommen würde als bei ihnen. Da war mir klar, dass ich die Brand verlassen musste. DC war ein Glücksfall, sie begannen gerade in dieser Zeit mit der Boardproduktion, und nahmen mich sofort unter Vertrag.

Seit Burton The Program übernommen hat, verlässt ein Forum 8-Fahrer nach dem anderen die Brand. Weshalb?
Ich glaube, das Problem liegt darin, dass Burton ein so unglaublich grosser Apparat ist, mit dem die Leute von The Program kaum umgehen können. Die haben seit der Übernahme alle Schiss, Entscheidungen zu treffen. Zudem weiss keiner richtig, was läuft. Wir Teamfahrer hatten so viele Fragen und die einzige Antwort, die wir bekamen, waren Verträge mit kleineren Beträgen. Natürlich fühlten sich Leute wie Bjorn Leines oder JP Walker da verarscht.

Was glaubst du, bedeuten all diese Abgänge für Forum?
Forum wird früher oder später Probleme bekommen. Wahrscheinlich wird’s keiner merken, weil bestimmt genügend Geld vorhanden ist bei Burton, das Forum retten kann. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass JP’s Abgang spurlos an Forum vorbei geht. Ich meine, Forum war JP Walker. Ich dachte, ich wäre einfach das unglückliche dritte Rad gewesen, und dass sie sich um JP Walker schon kümmern würden. Ihn nun aber zu verlieren, könnte Forum ruinieren.

Du wirst diesen Winter mit Mack Dawg filmen. Wieso so plötzlich MDP?
Mack Dawg feiert diesen Winter 20-jähriges Jubiläum. Bei den Forum 8-Filmen habe ich immer mit Mack Dawg zusammen gearbeitet, und dies auch immer sehr geschätzt. Als sie dieses Jahr auf mich zukamen und fragten, ob ich Interesse hätte, mit ihnen zu filmen, fühlte ich mich sehr geehrt. Ich sprach mit DC, und da Aaron Bittner bereits mit MDP filmte, entschieden wir, dass Iikka und Lauri doch auch gleich noch mit ins Boot sollten. Das wird eine Killer-Saison.

In der Saison danach wird dein Wohnort Vancouver die Olympischen Spiele hosten. Wird Backcountry-Kickerfahren bis dann olympisch, damit Vancouver einen einheimischen Sieger auf sicher hat?
(lacht) Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ich könnte es denen ja mal vorschlagen. Das Problem daran ist bloss, dass ich die Leute wahrscheinlich enttäuschen würde, weil ich absolut kein Contest-Fahrer bin.

Wo liegt eigentlich das Problem von dir und Contests?
Ich hatte kein Problem damit, bis ich mir an den X-Games einmal das Knie zerstörte, weil die uns zwangen, trotz eisiger Landungen zu fahren. Seither bin ich es leid, mich darüber aufzuregen, dass Contests oft von Leuten organisiert werden, die keine Ahnung haben. Oder dass immer jene gewinnen, die die hässlicheren Spins machen. Wenn einer einen Cab 1080° zwar stickt, jedoch absolut hässlich spinnt, dann verdient er keine Punkte. Was scheisse ausschaut, schaut scheisse aus und hat im Snowboarden nichts verloren. Ich werde übrigens am Air & Style bei euch in München judgen. Ich freue mich sehr über die Möglichkeit, meine Vorstellung von Style in einen Contest einzubringen.

Sind bereits Bestechungsgelder bei dir eingetroffen?
Ich glaube, ich vertrete dort Nordamerika. Das heisst jeder Nordamerikaner kriegt automatisch 15% mehr Punkte von mir… (lacht) Nein, Blödsinn! So läuft das natürlich nicht. Aber wenn die Fahrer mit fünfstelligen Beträgen zu mir kommen, dann lasse ich vielleicht schon mit mir reden… (lacht)

Da haben wir ja Glück, dass dieses Interview erst nach dem Air & Style auf den Markt kommt. Wie ist es nun aber mit den Olympischen Spielen, stehst du hinter diesem Grosssspektakel?
Versteh mich nicht falsch, auch wenn ich Contests und alles drum herum nicht mag, bin ich mir trotzdem bewusst, wie viel sie dem Snowboarden bringen. Als ich angefangen habe, zeigte man mit dem Finger auf mich und meine Freunde, weil wir ein Snowboard unter den Füssen hatten. Heute unterstützen Mama und Papa ihre Kids auf dem Weg, Snowboard-Pro zu werden. Dies verdanken wir Contests wie den Olympischen Spielen. Ich meine, hätte Amerika keinen Shaun White, wäre Snowboarden nicht einmal annähernd so akzeptiert, wie es ist. Als ich ihn damals als 10-jährigen sah, wie er in Big Bear von seiner Mama Halfpipe-Tricks erklärt bekam, dachte ich, sie würden ihn verheizen. Doch er konnte mit dem Druck umgehen, und heute hat er so viel für Snowboarden getan wie kaum ein anderer. Wegen Shaun White ist Snowboarden zwar Mainstream geworden, genau dieser Mainstream erlaubt es aber auch kleineren Firmen, die Snowboarden letztlich ausmachen, zu überleben. Dafür respektiere und schätze ich Shaun sehr.

Gibt es im Hause Walsh eigentlich schon Pläne für Nachwuchs?
Meine Frau hat einen guten Job, ich habe gerade einen fetten Vertrag unterschrieben… Wieso eigentlich nicht? Auf jeden Fall möchten wir gerne einmal Kinder haben. Aber wir wollen uns nicht festlegen und lassen die Dinge daher einfach auf uns zukommen. Zudem möchte ich dabei sein, wenn meine Kinder gross werden und mich nicht irgendwo in der Weltgeschichte verstecken.

Du bist nun 31 Jahre alt, wie lange willst du dich noch in der Weltgeschichte verstecken?
Ich habe gerade einen Dreijahresvertrag bei DC unterschrieben. So lange muss ich nun wohl noch durchhalten (lacht). Aber wer weiss, den Sommer gibt’s ja auch noch. Und Babys im Sommer machen bestimmt auch Spass.

Dem wird so sein. Danke für das Interview, Devun!

Devun Walsh
Stance and Angle: 56cm, +29, -15
Goofy or Regular: Regular
Schuhgrösse: 8
Geburtsdatum: 9. März 1976
Sponsoren: DC, IS Eyewear, Wildcats, The Source Shop
Lebt in: North Vancouver, Kanada
Papa zu sein, wäre: unglaublich ermüdend, aber doppelt so schön
In B.C. Bäume zu fällen, ist: ganz lustig, weil es mein Haus warm hält
Style wird total überbewertet, weil: es im Leben definitiv wichtigere Dinge gibt
Nach wie vor ein Bastard zu sein, ist: ein richtiger Spass
Scheisst auf Dinge wie: Gerüchte

Share

Geschäftsbedingungen

Gib bitte deine Email Adresse an, damit wir dich mit News, Updates und den neuesten Angeboten versorgen können. Falls du nicht mehr interessiert bist, kannst du dich jederzeit abmelden. Wir geben deine Daten nicht an Dritte weiter und werden dir nur Nachrichten schicken, die dich auch interessieren. Versprochen!

Read our full Privacy Policy as well as Terms & Conditions.

production