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Interview: Jeremy Jones

Auf die Frage nach dem erfolgreichsten Freerider aller Zeiten gibt es nur eine Antwort: Jeremy Jones. Seit der ehemalige Raceboarder vor knapp zwei Jahrzehnten das letzte mal Hardboots trug, ging es für den US-Amerikaner nur noch steil Aufwärts - zunächst per Heli, inzwischen bevorzugt zu Fuß oder mit dem Splitboard. Der zehnmalige Big Mountain Rider of the Year hat sich selbst neu erfunden, indem er die Berge, die er befährt, aus eigener Kraft erklimmt und den Prozess in seinen Filmen dokumentiert. Wir haben mit dem Ausnahme-Freerider über seinen neuen Film "Higher", Snowboarden im Himalaya und seine eigene Snowboardfirma Jones Snowboards gesprochen.

Als ich deine Aufnahmen aus dem Himalaya gesehen habe, habe ich mich gefragt ob dir das noch Spaß macht…

Nun, bei meiner letzten Abfahrt war der Schnee etwas härter als mir lieb war. Ich suche nicht gezielt nach steilen und schwierigen Hängen, um darauf Spaß zu haben und natürlich genieße ich es Powder im flacheren Gelände zu fahren. Aber sagen wir es so: Das Spektrum in dem ich Spaß am Snowboarden haben kann, ist breiter denn je zuvor.

Wie fühlst du dich kurz bevor du in einen Hang wie diesen droppst?

Sehr konzentriert. Seit ich die Hänge, die ich befahre, vorher hoch hike habe ich weniger Angst. Ich habe vor dem Drop In ja schon viel Zeit im Hang verbracht und weiss ungefähr, was auf mich zukommt. Das Hiken ist oft gefährlicher als die Abfahrt. Man ist den Gefahren viel mehr ausgeliefert.

Wenn du auf die Erfahrungen, die du im Himalaya gemacht hast, zurückblickst: Würdest du wieder dort hin gehen?

Ja! Ich habe dort teilweise sehr gute Bedingungen vorgefunden, teilweise waren sie aber auch nicht so gut. Im Großen und Ganzen war es aber eine tolle Erfahrung und ich bereue es überhaupt nicht dort gewesen zu sein.

Seit ich die Hänge, die ich befahre, vorher hoch hike, habe ich weniger Angst.

Foto: O'Neill/Curley

Gibt es irgendetwas Besonderes, was du auf deine Expeditionen mitnimmst?

Ein gutes Buch.

Nur eins?

Mehr als eins.

Wie bereitest du dich und deinen Körper auf solche Trips vor?

Ich versuche so viel Zeit wie möglich in den Bergen zu verbringen und dort Tag für Tag alles zu geben.

Wie war es in diesen extremen Höhen zu snowboarden? 

Das war ganz schwer. Ich war wirklich überrascht wie hart es ist,  in dieser Höhe zu hiken und zu snowboarden.

 

Foto: O'Neill/Curley

Wie lange dauert es, so einen Trip zu organisieren?

Ich habe mich darauf konzentriert so viel wie möglich über unser Ziel herauszufinden. Ich habe mich mit dem Schnee und der Beschaffenheit der Berge beschäftigt. Danach habe ich TGR mein gewünschtes Abreisedatum durchgegeben und das war’s. In die weiteren Planungen war ich nicht involviert. Ich suche aus wann wir mit wem wohin gehen, um den Rest kümmert sich TGR.

Im Basislager hattet ihr teilweise mit tagelangen Schneestürmen zu kämpfen. Wie hält man sich in so schwierigen Situationen bei Laune?

Bei solchen Stürmen draußen zu sein ist eigentlich ziemlich spannend. Es klingt abgedroschen, aber der Weg ist nunmal das Ziel. Solche Dinge gehören einfach dazu und wer das nicht akzeptiert wird scheitern.

Was kommt nach „Deeper“, „Further“ und „Higher“?

Ich werde meinen Weg weiter gehen. Die Filme dokumentieren, wo ich gerade als Snowboarder bin. Ich bin noch immer so begeistert vom Snowboarden wie immer und es stehen definitiv noch ein paar Hänge auf meiner Liste.

Du hast deine Wurzeln im Racing. Hast du dadurch beim Big Mountain Snowboarden Vorteile gegenüber anderen Fahrern, die zum Beispiel aus dem Freestyle-Snowboarden kommen?

Natürlich. Bei Turns die richtige Technik anzuwenden ist essenziell. Das ist nur einer von vielen Vorteilen. Man muss zwar nicht zwingend Racer sein, um einen Turn zu verstehen, aber es hilft in extremen Bedingungen auf jeden Fall. Ich weiss sehr viel über Turns (lacht).

Foto: O'Neill/Curley

Wie würde dein Leben heute aussehen würde, wenn du es als Racer zu den Olympischen Spielen 1998 geschafft hättest?

Genau so, wie es jetzt ist. Ich wusste schon vorher, dass ich die Hardboots auch bei einer erfolgreichen Olympia-Qualifikation nach den Spielen an den Nagel hängen würde. Die Entscheidung, dass ich nur noch Powder fahren wollte, stand. Ich wollte es nur meinen Eltern und meinen Sponsoren noch nicht beichten.

Du hast eine Frau und Kinder. Denkst du manchmal darüber nach, es etwas lockerer anzugehen?

Meine Kinder sind jetzt sechs und neun Jahre alt. Ich versuche also schon fast ein Jahrzehnt, das unter einen Hut zu bekommen. Das dumme an der Sache ist, dass ich die brenzligsten Situationen in weniger anspruchsvollem Gelände, in dem ich mich auch noch in 20 Jahren bewegen werde, erlebt habe. Das war nicht beim Filmen, sondern wenn ich einfach so mit ein paar Leuten cruisen war. Aufhören ins Backcountry zu gehen ist für mich keine Option.

FOTO: O'NEILL/CURLEY

Deine Brüder haben TGR gegründet. Wie viel Einfluss haben sie auf den Snowboarden?

Es gibt niemanden auf der Welt, mit dem ich mehr Zeit in den Bergen verbringe. Insofern könnte man schon sagen, dass sie einen großen Einfluss auf mich haben. Sie sagen mir aber nie: „Du musst hier runter fahren, du musst das machen…“ Sie beraten mich und helfen mir, wenn ich Fragen habe.

Auch du hast eine Firma gegründet: Jones Snowboards. Ist das eine Art Backup-Plan für die Zeit nach deiner Karriere als Pro?

Jones Snowboards ist noch klein. Ich hoffe, dass die Leute uns weiter so gut unterstützen. Der Snowboardmarkt ist hart umkämpft, aber ich hoffe, dass es klappt und ich der Snowboardindustrie so auch nach meiner Karriere als Pro erhalten bleibe.

Foto: O'Neill

Du hast einmal gesagt, dass du die gute Infrastruktur in den Alpen sehr schätzt. Kollidiert das nicht mit der Hiking-Philosophie, die du jetzt lebst?

Wenn ich unterm Lift Powder fahren kann, dann mache ich das auch. In einem guten Winter sind die Alpen ein Powder-Paradies! Es gibt so viel gutes Terrain, das man bequem mit dem Lift erreichen kann.

Wo gehst du im deutschsprachigen Alpenraum am liebsten Freeriden?

Das will ich nicht genau verraten, sonst bekomme ich Probleme mit meinen Freunden, die mir die Spots gezeigt haben (lacht). Aber ich mag diesen Teil der Alpen wirklich gerne. Die Gegend um Davos gefällt mir sehr gut.

Welche Tipps hast du für Snowboarder, die die ersten Schritte in Sachen Big Mountain Snowboarden gehen möchten?

Bildet euch! Geht auf Lehrgänge, Camps, Workshops und lernt so viel ihr könnt über die Berge und den Schnee. Und sucht euch einen Mentor, mit dem ihr raus geht. Fragt ihn alles, schaut ihm zu und lernt von ihm. Lasst euer Ego daheim und respektiert die Berge.

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