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How to...

Lawinencheck

Jedes Kind weiss: Beim Powdern gehören ein eingeschalteter Lawinenpiepser um die Brust so wie Schaufel und Sonde in den Rucksack. Doch weisst du auch, wie man mit dieser Lawinenausrüstung richtig umgeht? Um aus einer Lawine lebend gerettet zu wer den, muss die Rettung schnell, effizient und organisiert ablaufen. Eine realistische Überlebenschance hat nur, wer von seinen Freeride-Freunden innerhalb von 15 Minuten ausgebuddelt wird. MBM lesen könnte Leben retten!

Wer suchet, findet. Das gilt auch bei einem Lawinenunglück. Die Frage ist nur, ob tot oder lebendig. Wer nach 15 Minuten einen freien Kopf hat und wieder Frischluft atmen kann, hat eine statistische Überlebenschance von über 90 Prozent. Danach sinkt diese Chance rapide. Nach 30 Minuten werden bereits mehr als 60 Prozent der Verschütteten tot geborgen. Diese Zahlen setzen jedoch voraus, dass man unter der Lawine eine kleine Atemhöhle hat, was keineswegs selbstverständlich ist. Ohne Atemhöhle sieht die Todesrate noch fataler aus! Wer sich im Ernstfall zum ersten Mal mit seiner Lawinenausrüstung auseinander setzt, steht da wie der grösste Depp – treffender: wie ein asozialer Penner. Also, meine lieben Freunde: Lernt und übt den Umgang mit Piepser, Sonde und Schaufel und schreibt euch folgende zwei Begriffe hinter die Ohren: „Airport Approach“ für die Suchtechnik mit dem Piepser und „V-Formation“ für das Vorgehen beim Schaufeln. Mit diesen beiden einfach zu merkenden Methoden geht man im Unglücksfall am schnellsten und effizientesten vor. Was Airport Approach und V-Formation im Detail bedeuten, erklären wir in Kürze, zuvor wollen wir noch einen Blick auf eure persönliche Lawinenausrüstung werfen.

DIE PERSÖNLICHE LAWINENAUSRÜSTUNG

LVS-Gerät
Das Lawinenverschütteten-Suchgerät, kurz LVS, ist das Herzstück einer jeden Lawinenausrüstung. Der „Lawinenpiepser“ hat eine Sende- und Suchfunktion. Richtig angewendet, lässt sich damit ein Verschütteter innerhalb weniger Minuten punktgenau orten. In den vergangenen Jahren hat sich enorm viel getan in der Weiterentwicklung der LVS-Geräte. Bis Mitte der 90er-Jahre gab es nur analoge Geräte, die mit einer einzelnen Antenne ausgestattet waren. Die Suche mit diesen veralteten Geräten verläuft anhand akustischer Signale, was verhältnismäßig kompliziert ist und enorm viel Übung erfordert. Dann kamen die ersten digitalen Geräte auf den Markt. Diese verfügen über zwei Antennen und eine digitale Anzeige (Display), die dich mit Richtungspfeilen zielsicher zum Lawinenopfer lotsen – auch mit relativ wenig Übung. Die neueste Generation von LVS-Geräten besitzt sogar drei Antennen, womit die Suche (vor allem die Feinsuche) nochmals einen Schritt einfacher und exakter wird. In diesen 3-Antennen-Geräten steckt sehr viel Technologie und deshalb sind diese Piepser teuer (ab ca. 380 Euro). Weil die Handhabung aber sehr viel einfacher und Fehler verzeihender ist als mit den billigeren 1- oder 2-Antennen-Geräten, lohnt sich die Anschaffung. „Ich brauch das Gerät nicht oft und kauf darum lieber ein billiges“ ist hier definitiv das falsche Motto! Bei LVS-Geräten gilt: Je weniger Ahnung du hast, desto besser muss dein Gerät sein! Übrigens: keine wieder aufladbaren Batterien benutzen, denn diese entladen sich in der Kälte sehr schnell!

 

Schaufel
Zu Lawinenschaufeln gibt’s nicht viel zu sagen, außer: Vergiss Plastikschaufeln! Denn diese gehen beim Buddeln viel zu schnell kaputt und sind nur halb so effektiv wie Schaufeln mit Metallblättern. Deshalb sollte eine Metallschaufel mit möglichst langem Stiel und einem Griff in D-Form in den Rucksack. Für die Kicker-Bauexperten unter euch sollte das keine Neuigkeit sein.

Sonde
Beim Kauf einer Sonde tut sich manch einer schwer. „Wenn einer aus der Gruppe eine Sonde dabeihat, reicht das doch?“ Stimmt nicht! Wer so denkt, ist ein Kameradenschwein. Eine Sonde gehört in jeden Freeride-Rucksack, denn letzten Endes spürt man den Verschütteten mit der Sonde auf und nicht mit dem LVS-Gerät – dieses führt euch nur sehr nahe an das Opfer heran. Je mehr Leute sondieren, desto besser!

Zusatzausrüstung
Am ehesten überlebst du einen Lawinenabgang, wenn du dich auf der Oberfläche der fließenden Lawine halten kannst und du gar nicht erst mit dem Kopf unter den Schnee gerätst. Dahinter versteckt sich auch die Idee der Lawinen-Airbags. Und das Tolle ist: Diese Rucksäcke mit integriertem Airbag-System funktionieren! Die Statistik sagt: Mit einem gezündeten Lawinen-Airbag reduziert sich die Todesrate bei einem Lawinenabgang um erstaunliche 90 Prozent! Kein Wunder, dass diese Rucksäcke bei immer mehr Freeridern zur unverzichtbaren Grundausrüstung gehören. Ein weiteres System, welches die Überlebenschance erhöht, ist die Avalung. Diese Art Atmungsvorrichtung verschont einen zwar nicht vor einer Verschüttung, aber durch den Atmungsschlauch, der dem umliegenden Schnee Sauerstoff entzieht, bleibt man länger am Leben. Das Rettungsfenster erhöht sich dadurch wesentlich (im Rucksack auf unserem Foto ist eine Avalung integriert). Und ein Erste-Hilfe-Set für die Erstbehandlung von Verletzten ist ebenfalls im Rucksack Pflicht.

SUCHEN PER AIRPORT APPROACH
Bei einer Lawinenrettung gehen wir nach dem so genannten Airport Approach vor. Das heißt, wir (und unser LVS-Gerät) verhalten uns wie ein Flugzeug beim Landeanflug. Konkret: Zu Beginn der Suche bewegen wir uns schnell; je mehr wir uns dem Verschütteten, nähern desto langsamer werden wir. Ein Flugzeug wird beim Landen aber nicht nur stetig langsamer, sondern verliert auch immer mehr an Höhe. Für uns bedeutet das: Je näher wir dem Lawinenopfer sind, desto dichter halten wir das LVS-Gerät an die Schneeoberfläche. Zunächst klebt das LVS wie ein Handy am Ohr, am Ende der Suche liegt es knapp über dem Boden. Das mag alles noch etwas verwirrend klingen, wenn man aber die vier Phasen einer Suche betrachtet, leuchtet der Airport Approach ein.
Diese Anleitung ist primär auf digitale Geräte ausgerichtet

Die vier Phasen bei der Ortung eines Lawinenopfers:
Signalphase – bis man das erste Signal mit dem LVS empfängt
Grobsuche – bis circa 3 Meter Distanz zum Verschütteten
Feinsuche – bis die kleinste Distanz auf dem Display erscheint
Punktsuche – mit der Sonde

Signalsuche
Was macht der Retter auf dem Bild falsch? Man sucht doch nicht mit Board an den Füssen! Doch, wer von oben mit der Suche anfangen kann, behält das Board erst mal an. Laut Airport Approach soll es am Anfang ja schnell gehen. Was ist dann falsch? Der Retter hält sein LVS-Gerät auf Hüfthöhe und konzentriert sich nur auf das Display. Aber in der Anfangsphase empfängt er kein Signal, das Display zeigt folglich nichts an. So geht’s richtig: das auf Suchmodus geschaltete LVS-Gerät wie ein Handy ans Ohr halten und den Blick auf den Lawinenkegel richten, um eventuell einen Arm, der aus dem Schnee ragt, sehen zu können. Mit dem LVS am Ohr den Lawinenkegel in zügigen Zickzack-Kehren abfahren (oder rennen), bis man ein Signal empfängt – also einen Piepston hört. Der Abstand zwischen den Kehren sollte zwischen 30 und maximal 50 Metern liegen (je nach Reichweite des Geräts).

Merke: Alle nicht zur Suche benötigten LVS-Geräte sowie Handys, MP3-Player etc. vor Suchbeginn ausschalten!

Grobsuche
Sobald das suchende LVS anfängt zu piepsen, hat es Kontakt zum sendenden Gerät des Verschütteten. Das ist das erste Erfolgserlebnis der Suche. Durchatmen, einen Augenblick still stehen und das Gerät in alle Richtungen schwenken, um zu hören, wo der Ton lauter und wo er leiser wird. In Richtung des lautesten Tons laufen (das Board also abschnallen), bis auf dem Display die Distanzanzeige aufleuchtet. Nun zeigen Pfeile den direkten Weg zum Verschütteten (man läuft nicht in einer geraden Linie, sondern in einem leichten Bogen entlang der elektromagnetischen Feldlinien, die das Sendergerät ausströmt). Beeil dich weiter hin. Ab circa zehn Meter Distanzanzeige etwas langsamer gehen und exakt auf Richtungsänderungen achten. Ab circa drei Meter Distanz geht es dann los mit der Feinsuche.

Merke: Die Grobsuche übernimmt nur noch einer – nämlich jener, der als Erstes ein Signal empfängt. Die anderen gehen mit Schaufel und Sonde in Stellung.

 

Feinsuche (= Einkreuzen)
Ab drei Meter Distanzanzeige geht man mit dem Gerät direkt über die Schneeoberfläche. Die Ortung steht kurz bevor. Wichtig: Das LVS-Gerät darf ab jetzt nicht mehr geschwenkt werden, Pfeile auf dem Display kann man ignorieren, man achtet nur noch auf die Distanzanzeige. Das Gerät langsam und in gerader Richtung vorwärts bewegen bis zum Punkt mit der geringsten Distanz (die Anzeige sollte dabei kleine Sprünge machen: 1.8 , 1.6, 1.3, nicht 2.2, 1.4, 0.7). Sich den Punkt mit der geringsten Distanz merken (am besten markieren) und ein paar Schritte weitergehen, um zu sehen, ob die Distanzanzeigen wieder größer werden. Wenn ja, zum Punkt mit der geringsten Distanz zurückgehen und die Sonde im rechten Winkel zur zuvor gelaufenen Richtung legen (kreuzen). Dann entlang der Sonde erneut den Punkt der kleinsten Distanz suchen. Den so gefundenen Kreuzpunkt nennt man das Suchmaximum, hier fängt das Sondieren an.

Punktsuche
Bis hierhin solltet ihr rund zwei, drei Minuten gebraucht haben. Am meisten Zeit braucht ihr fürs Schaufeln und auch das Sondieren dauert unter Umständen lange. Hier kann man im Vorfeld mit einem modernen 3-Antennen-Gerät viel Zeit sparen. Denn dieses zeigt nur ein Suchmaximum an (= kleinste Distanzanzeige). 2- und 1-Antennen-Geräte hin gegen zeigen zwei (oder sogar drei) Suchmaxima an. Der Verschüttete liegt dann genau zwischen diesen beiden Maxima. Darum ist es so wichtig, dass jeder sein persönliches LVS-Gerät besitzt und kennt! Sondiert wird in Abständen von 20 bis 25 Zentimetern in immer größer werdenden Kreisen (spiralförmig). Ausgangspunkt ist das Suchmaximum (oder der Punkt zwischen den beiden Maxima). Auch Sondieren will geübt sein. Nur weil sich etwas unter der Schneeschicht hart anfühlt, ist es noch nicht euer Freund oder ein Teil seiner Ausrüstung, es kann ebenso ein harter Schneeblock sein. Wenn ihr einen menschlichen Körper trefft, spürt ihr einen leichten Rückstoss, Steine oder Eis federn nicht zurück! Trainiert
dieses Gefühl an einem prall gefüllten Rucksack.

SCHAUFELN IN V-FORMATION
Wenn ihr euren verschütteten Kumpel mit der Sonde aufgespürt habt, geht die Arbeit erst richtig los: Das Ausbuddeln steht an. Wichtig ist, die Sonde stecken zu lassen und von dieser aus hangabwärts zu schaufeln! Damit nicht nach dem Prinzip Hühnerhaufen geschaufelt wird, haben Lawinenexperten die Methode der V-Formation entwickelt. Diese funktioniert wie ein menschliches Schneeförderband: koordiniert, schnell, effektiv.

 

Die Retter stellen sich als V auf. Vier bis fünf Schaufelleute sind optimal, je nach Verschüttungstiefe. Steht nicht zu nahe beieinander, ihr braucht die volle Bewegungsfreiheit beim Graben

Geschaufelt wird in Paddelbewegungen, also von oben herab und mit Einsatz des gesamten Körpers. Die Vorderen stechen Schneeblöcke weg und arbeiten sich entlang der Sonde in die Tiefe. Die Hinteren schaufeln den Schnee weg

Um eine Übermüdung des Vordermanns zu vermeiden, wird circa alle vier Minuten der Schaufelplatz gewechselt (Job-Rotation)

Sobald man zum Verschütteten vorgedrungen ist, müssen mehr Leute an die Spitze, um möglichst schnell den Kopf freizulegen

Sobald der Kopf freigelegt ist, kümmert sich einer um das Lawinenopfer und leistet Erste Hilfe (ABC). Die anderen buddeln vorsichtig den restlichen Körper frei

Die Effizienz von Airport Approach und V-Formation wurde in mehreren Praxistests wissenschaftlich nach gewiesen, unter anderem von Manuel Genswein, der an der Entwicklung dieser Methoden mit gewirkt hat. Manuel Genswein stand dem MBM beim Schreiben dieser Geschichte beratend zur Seite. Avalanche Training Center auf der Diavolezza bei Pontresina GOOD TO KNOW

Stört mein Handy die Signale des LVS?
Ja, aber nur wenn du Handy und LVS in die gleiche Jackentasche packst. Achte darauf,dass in unmittelbarer Umgebung deines LVS (ca. 15 cm Abstand) keine elektronischen Geräte wie Handy, MP3-Player, Fotokamera etc. liegen und auch keine Gegenstände aus Metall (Tool, Sackmesser, Kräutertabak-Dose etc.). Dann sendet dein LVS einwandfrei. Du kannst dein Handy beim Powdern also guten Gewissens eingeschaltet lassen.
Achtung: Wenn es jedoch zu einem Lawinenabgang kommt und du dein LVS-Gerät auf
Suchen stellst, dann musst du dein Handy (und iPod etc.) unbedingt ausschalten! Das
gilt für alle, die mit Suchen beschäftigt sind. Am Lawinenkegelrand darf einer selbstverständlich telefonieren, um einen Rettungstrupp anzufordern.

Wie merke ich, ob mein LVS noch richtig funktioniert?
Ob ein Gerät noch einwandfrei läuft, erkennen nur Experten. Darum empfehlen alle Hersteller, das LVS alle drei Jahre vorsorglich warten zu lassen. Sende dein LVS zum Checkup einfach dem entsprechenden Marken-Vertreter deines Landes. Falls dein LVS einen harten Schlag abbekommt, solltest du es vorsichtshalber ebenfalls checken lassen.

Der Gruppentest
Grobe Defekte oder Schlampereien wie etwa leere Batterien kann man leicht selber mit dem Gruppentest überprüfen. Dieser ist Standard bei Freeride-Profis, bevor es ins Backcountry geht. So seid ihr sicher, dass euer LVS auch sendet: Stellt euch im Abstand von zwei Metern in Reih und Glied auf und dreht euer LVS auf Suchen. Einer stellt sein Gerät auf Senden, läuft an der Gruppe vorbei und überprüft, ob die Geräte Signale anzeigen. Entscheidend ist, dass von Suchgerät zu Sendegerät mindestens ein Meter Abstand liegt, sonst nützt der Test nicht viel! Also nicht, wie es viele tun, einfach das Gerät zur Brust hinhalten, sondern mit zur Seite ausgestrecktem Arm testen! Danach das ganze Prozedere mit umgekehrten Vorzeichen: alle Geräte auf Senden, eines auf Suchen.

ÜBUNG MACHT DEN MEISTERSUCHER
LVS-Geräte sind immer nur so gut wie der, der sie bedient. Nur wer regelmäßig das Suchen übt, handelt im Ernstfall professionell und schnell. Das gilt besonders für Leute mit veralteten Analoggeräten. Aber auch mit einem modernen 3-Antennen-Gerät sollte man jeden Winter mindestens einmal üben. Eine zerbombte Kicker-Landung im Backcountry etwa ist das optimale Übungsgelände: Vergrabt ein Gerät und testet, wie gut das Prinzip Airport Approach bei euch funktioniert. Bequemer übt es sich in einem der Avalanche Training Center, die in vielen Resorts zu finden sind.

Eine Auswahl bekannter Avalanche Training Center (ohne Gewähr):
Schweiz: Zinal, Andermatt, Davos, Diavolezza, Belalp, Flumserberg, Mürren, Leysin
Deutschland: Zugspitze, Mittenwald
Österreich: Galtür, Bad Schröcken
Frankreich: Serre Chevallier, Les Arcs, Courchevel, Méribel
Italien: Madonna di Campiglio, Valle d’Aosta

 

 

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