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Turbo Negro

Eigentlich sollten sie Nazipenis heissen. Doch das war sogar den Erfindern des Deathpunks zu provokant, sie entschieden sich für Turbonegro. Auch nicht ganz frei von Provokation, doch darum geht es den Norwegern ja gerade. Turbonegro will provozieren, aufregen, schockieren. Sie lästern über Schwule, schmuggeln Dolche mit ins Flugzeug und zünden Arschraketen auf der Bühne. Pünktlich zum Releasedatum ihrer neuen Platte RETOX trafen wir uns deshalb mit den vermeintlichen Antichristen in angemessener Atmosphäre, dem Schwulenviertel von München, um nach dem Wieso? zu fragen. Und danach, warum die Jungs gerade bei Snowboardern so berüchtigt sind und was sie selber mit Snowboarden am Hut haben. Die Antworten waren eine Geisterbahnfahrt in die Abgründe der norwegischen Rock ’n’ Snow-Seele. Alles einsteigen, der Deathpunk-Zirkus hat geöffnet!

Einstiegsfrage: Was haltet ihr als Bewohner des Tiefkühlstaats Norwegen vom momentanen Sahara-April?
Das gute Wetter ist selbst bei uns in Oslo angekommen, wir haben dieses Jahr den heissesten April seit Jahrzehnten. Das ist gut so, weil Skandinavierinnen besser aussehen als deutsche Frauen und sie durch die Temperaturen alle im Minirock durch die Stadt rennen. Manche auch im knallengen Speedo-Badeanzug!

Und warum sind Skandi-Ladies hübscher als ihre deutschen Pendants, weil sie so bleich und 2,20 Meter gross sind?
Schwedinnen, Norwegerinnen und Däninen sind die schönsten Frauen der Welt, weil sie so perfekte, bekömmliche Körper haben. Fast so attraktiv wie skandinavische Jungs!

Mir wird schlecht, also Themawechsel: Wie seid ihr auf den Namen Turbonegro gekommen?
Unsere Gitarrist und Keyboarder Pål Pot Pamparius kam auf die Idee, als er auf einem LSD-Trip durch einen Vorort von Oslo unterwegs war. Plötzlich tauchte zwischen all den Einfamilienhäusern eine Wand mit der Schrift „Turbonegro“ auf. Als er am nächsten Tag aufwachte, wunderte er sich, ob er sich das alles nur eingebildet hatte, ging zurück zur Wand und das Grafitti war weg! Er hatte „Turbonegro“ nur in seinem Kopf gesehen, es war nichts weiter als eine Halluzination, resultierend aus dem vorsätzlichen Missbrauch von LSD. Doch seitdem war er besessen von dem Wort Turbonegro.

Eure Fans nennen sich Turbojugend. Wie kam es dazu?
Wir haben den Verein für unsere Freunde gegründet und „Turbojugend“ genannt, danach wurde es durch unsere Freunde in Hamburg, St. Pauli zum Selbstläufer, zur weltumspannenden Organisation mit über 2.000 Chapters und mehreren Tausend Mitgliedern. Es ist weit über unsere Vorstellung hinaus ausgeartet, als hätten wir ein kleines Baby Frankenstein zur Welt gebracht und 10 Jahr später steht plötzlich der Hulk vor dir!

Warum ist gerade Hamburg zur Drehscheibe der Turbojugend geworden?
Hamburg wurde schon früher oft zu unserem Stützpunkt, wenn wir durch Europa tourten, weil die Stadt damals durch die grosse Autonomenszene um die Reeperbahn und St. Pauli-Hooligans ein berüchtigtes Punkrocknest war. Und das Verhältnis zu unserer eigenen Heimatstadt ist unterirdisch schlecht: Wir hassen Oslo und Oslo hasst uns!

Warum all der Hass?
Oslo ist reich, aber die Menschen sind es nicht. Es sind nur armselige Leute mit unerwartetem Zugang zu verdammt viel Geld. Mann kann es sich so vorstellen: Eine Meute aus vulgären Hillbillies ist plötzlich auf Öl gestossen! Nur sind es hier Beverly-Hill-Billies.

Ist dadurch auch die Rockszene so gross in Norwegen?
In Skandinavien ist es durch den langen Winter so arschlangweilig, dass die Menschen in ihren Häusern vergammeln, Gitarre spielen, die grosse Rebellion proben. Wir haben bei uns keine „Kraftwerk“- und Nuttenviertelkultur wie ihr in Deutschland. Drum bleibt uns nur die Rebellion durch Rock. Oder Snowboarding. Bald wird das ganze Land snowboarden!

Womit wir beim zentralen Thema wären: Snowboarden! Viele Snowboarder outen sich als bekennende „Turbonegro“-Fans, zum Beispiel Eirik Haugo, Antti Autti oder Jamie Lynn. Habt ihr eine spezielle Bindung zum Snowboarden?
Unser Bassist Happy-Tom steht seit Mitte der ’80er Jahre auf dem Brett und war 1988 sogar Judge beim ersten Norway-Halfpipe-Cup. Er kennt Terje Håkonsen, seit der 14 ist. Tom hat damals in einem Snowboardshop gearbeitet und Terje kam während eines Schulausflugs mit Popelbremse und Vokuhila reingelaufen, wollte Freestuff abgreifen, und alles was Tom ihm in die Hände drückte, war ein lächerliches T-Shirt. Er wusste schon damals, dass Terje der beste Snowboarder der Welt werden würde!

Hat Tom nach wie vor Terjes Nummer im Handyspeicher?
Absolut. Von ihm, Daniel Franck und Reto Lamm. Er hat sie schon zwei Mal in Retos Haus in Brasilien besucht, weswegen Terje uns im Gegenzug auch zwei Mal auf die Arctic Challenge eingeladen hat. Vorletztes Jahr haben wir unsere damalige Tour auf der Arctic Challenge gestartet. Damals hat Tom auch sein jetziges Brett von Terje geschenkt bekommen.

Ein weiterer Link von euch zum Snowboarden ist die Turbonegro-Jacke von Volcom. Wie kam es dazu?
Terje hat uns mal Jamie Lynn vorgestellt, der ja bei Volcom aktiv ist. Über ihn haben wir erfahren, was bei dem kalifornischen Klamottenlabel so Turbonegro-technisch alles geht. Wir wussten davor weder, dass die Jungs von Volcom ein eigenes Turbojugend-Chapter haben, noch dass sie wirklich eine spezielle Turbojugend-Jacke gestaltet hatten. Wir lieben diese Szene!

Seid ihr die grösste Undergroundband oder die kleinste Mainstreamband der Welt?
Wir hängen im Niemandsland dazwischen fest. Es ist wie bei einem Messgerät, der Zeiger hüpft hin und her. Momentan sind wir die besten Looser und die schlechtesten Gewinner der Welt. Mal schauen, wo uns die verdammte Zukunft hinbringen wird, vielleicht werden wir mit der neuen CD wachsen. Aber das Sprichwort sagt: der Bock bleibt stehen, wo er will.

2005 wurde Hank zum attraktivsten Mann in Norwegen gewählt. Hat er keine Angst, zum Idol der skandinavischen Schwulenszene zu werden?
Es ist wahr, Hank ist der norwegische David Beckham. Man hat erst kürzlich wieder eine Umfrage gestartet, wobei herauskam, dass junge Mädchen bevorzugt auf dickbäuchige Männer zwischen 30 und 40 Jahren mit Rockstar-Status und einer Leber wie ein Ochse stehen. Aber Schwule? Homosexuelle sind das einzige Furcht einflössende Element im Rock, das übrig geblieben ist.

Aber ist Hanks legendäre Arschrakete nicht ebenfalls ziemlich Furcht einflössend?
Die letzte Sylvesterrakete hat er sich vor 5 Jahren auf offener Bühne aus dem Arsch zünden lassen. Sein Arsch ist mittlerweile wieder hungrig danach, aber der Doktor sagte, dass er nur noch zwei weitere Raketen verkraften würde, bevor sich sein Arsch verabschiedet.

Zurück zum Seriösen: Was ist neu an eurem neuen Album?
Wir sind durch mit unserer Trilogie, zu der Apocalypse Dudes, Scandinavian Leather und Party Animals gehören. Jeder Song davon war eine Westentaschen-Symphonie mit Streichern und grossen Arrangements; eine Art Star Wars of Sound, wir nennen es George Lucas-Punk. Das neue Album ist dagegen Licht-an-Vorhang-auf-für-cleanen-und-trockenen-Sound-Punk, wir wollten Songs schreiben, die direkt aus dem ersten Bones Brigade-Video Anfang der ’80er stammen könnten. Man könnte zu RETOX auch so sagen: Es ist der Anfang vom Ende und das Ende vom Anfang!

Ist RETOX ein politisches Album?
Eine sehr verklemmte, lesbische, autonome und politisch hyperkorrekte Lady sagte uns einmal, dass alles auf der Welt politisch motiviert ist und man dafür aufstehen und kämpfen muss! Aber sie hat gelogen, es stimmt nicht, und somit ist RETOX auch kein politisches Album. Es ist ein revolutionäres Album von einer revolutionären Band!

Zum Schluss dürft ihr noch die Wahrsager spielen. Was ist die Musik der Zukunft?
Deathpunk ist die einzige Hoffnung, die Musik noch zu retten. Es gibt eine Bruderschaft aus Deathpunkern auf der Welt, die nach dem perfekten Song sucht wie Indiana Jones nach dem heiligen Gral. Aber er darf nie gefunden werden, sonst kommt es zur Apokalypse, die Erde wird implodieren und das Universum explodieren! Es geht nicht um Entdeckung des perfekten Songs, sondern um dessen Suche. Der Weg ist das Ziel, nicht das Ziel selbst. Lemmy von Motörhead sagte einmal: Die Jagd ist besser als die Beute. Keine Ahnung, was zum Teufel er damit meinte!

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